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Arbeitsmarkt: Mindestlohn für Sozialdemokraten

Bundesarbeitsminister Scholz will acht Branchen ins Entsendegesetz aufnehmen. Nach Ansicht der SPD hätten es gerne mehr sein können. Doch selbst bei diesem recht kleinen Kreis: Die CDU zögert noch.

Sieben Branchen mit insgesamt 1,4 Millionen Beschäftigten haben bei Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) die Einführung eines verbindlichen Mindestlohnes beantragt. Während Scholz dies als „gigantischen politischen Erfolg“ bewertete, sieht CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla die Kampagne der SPD für einen Mindestlohn in Deutschland gescheitert. Diese sei eine der „fatalsten Fehleinschätzungen der Sozialdemokraten in den letzten Jahren“, sagte Pofalla.

Zu den sieben Branchen, die sich bis zum Montagmittag für die Aufnahme ins Entsendegesetz gemeldet hatten, gehören die Zeitarbeit mit 630 000 Beschäftigten, die Pflegedienste (565 000) und das Wach- und Sicherheitsgewerbe (170 000). Hinzu kommen kleine Wirtschaftszweige wie Großwäschereien (30 000), Weiterbildung (23 000), forstliche Dienstleistungen (10 000) und Bergbauspezialarbeiten (2500). Scholz rechnete damit, dass sich bis zum Ende der Meldefrist am Montagabend noch eine weitere Branche anmelden werde.

Die Zahl der Anträge fiel damit etwas höher aus als erwartet. Doch die von SPD-Fraktionschef Peter Struck in den vergangen Monaten immer wieder geschürte Hoffnung, mindestens zehn Branchen mit bis zu 4,4 Millionen Mitarbeitern würden auf diesem Wege Mindestlöhne einführen, ist nicht erfüllt worden. „Die SPD hat das seltsame Talent, sich unnötige Niederlagen zuzufügen“, kommetierte der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Ralf Brauksiepe. Er versicherte zugleich, die Union werde nicht versuchen, Branchen gegen ihren Willen aus dem Entsendegesetz herauszudrängen. „Wir werden jeden Fall prüfen“, sagte er.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ am Montag erklären, dass sie an dem mit der SPD vereinbarten Vorgehen festhalten werde. Die Arbeit an den beiden Gesetzentwürfen gehe weiter, sagte ein Regierungssprecher. Es gebe aber noch eine Fülle von Fragen zu klären. Zuletzt hatten führende Unionspolitiker den Arbeitsminister aufgefordert, seine Gesetzespläne zur Einführung von Mindestlöhnen fallen zu lassen.

Konkret zeigte sich die CDU dafür offen, das Wachgewerbe in das Entsendegestez aufzunehmen. „Wir haben hier die Gefahr des Lohndumpings durch ausländische Arbeitnehmer“, sagte Generalsekretär Pofalla. Bei der Zeitarbeit bleibt die CDU allerdings hart. Eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung werde es in dieser Branche mit der CDU „definitiv und abschließend nicht geben“, sagte Pofalla. Arbeitsminister Scholz hingegen beharrt darauf, dass die Union ihre Zusagen einhält. Er gehe davon aus, „dass alle sich vertragstreu verhalten“, sagte Scholz mit Verweis auf die Vereinbarungen des Koalitionsausschusses vom vergangenen Juni. Damals hatten SPD und Union sich darauf verständigt, dass Branchen mit einer Tarifbindung von mehr als 50 Prozent ins Entsendegesetz aufgenommen werden können, sofern die Tarifpartner dies beantragen.

Im Fall der Zeitarbeit wehrt die Union sich gegen einen Mindestlohn, weil einer der drei Arbeitgeberverbände der Branche einen konkurrierenden Tarifvertrag mit den christlichen Gewerkschaften geschlossen hat, der durch den Mindestlohn-Tarifvertrag der beiden anderen Verbände mit dem DGB ausgehebelt würde. Der CDU-Arbeitsmarktexperte Brauksiepe appellierte daher an die Tarifparteien, sich zusammenzuraufen und einen gemeinsamen Antrag zu stellen. Nach Ansicht von Scholz ist es bei der Zeitarbeit „eindeutig“, dass mehr als 50 Prozent der Beschäftigten in der Branche unter tarifvertragliche Regelungen fallen.

Nach Angaben von Arbeitsminister Scholz erhalten in Deutschland zwei Millionen Menschen für ihre Arbeit weniger als 7 Euro 50 pro Stunde. In Deutschland gebe es im europäischen Vergleich „den größten kontinentalen Niedriglohnsektor, aber ohne Grenzen nach unten“, sagte er. Die Mehrheit der Bürger sei für Mindestlöhne und halte diese für ein Gebot der Gerechtigkeit. „Wer den ganzen Tag arbeitet, will am Ende des Monats nicht auf öffentliche Unterstützung angewiesen sein.“ Der CDU-Mittelstandspolitiker Michael Fuchs hingegen sieht keinen Bedarf für Mindestlöhne. In Deutschland müssten nur 60 000 Menschen, die Vollzeit arbeiten, ergänzende Leistungen aus Hartz IV beantragen, weil sie von ihrem Lohn nicht leben könnten. Angesichts von 40 Millionen Erwerbstätigen sei dieser Anteil sehr gering, sagt der CDU-Politiker und fragt: „Wegen dieser Gruppe machen wir den ganzen Fackelzug?“

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