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Politik: Regierung will höhere Kassenbeiträge für Rentner

Sozialexperte Rürup kritisiert mögliche Senkung der Altersbezüge um 3,5 Prozent / Eichel: Wir kürzen nicht

Berlin (dpa/ce). Zur Sanierung der gesetzlichen Rentenversicherung und des Bundeshaushalts müssen sich die Rentner bereits 2004 auf erste Einschnitte einstellen. Die Regierungskoalition diskutiert über eine Begrenzung des Rentenanstiegs und erhöhte KrankenkassenBeiträge. Dies erfuhr die Deutsche Presse Agentur am Samstag aus Berliner Regierungskreisen. Ein Sprecher von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) betonte indes erneut: „Es gibt keine Absicht des Ministers, die Renten zu kürzen.“ Er habe auch keinerlei Vorgaben für Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) für die an diesem Montag beginnenden Chefgespräche zum Bundeshaushalt 2004 im Sinn.

Auf Anregung von Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) und ihrem Berater Bert Rürup enthält der Leitantrag für den Sonderparteitag am Sonntag eine Passage, in der es nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ heißt, der „Nachhaltigkeitsfaktor sei ein geeignetes Instrument, „um der sich verändernden Relation zwischen Beitragszahlern und Beitragsbeziehern Rechnung zu tragen“. Rürup sagte der Zeitung weiter: „Dieser Nachhaltigkeitsfaktor ist der direkten Rentenkürzung eindeutig vorzuziehen.“ Gleichzeitig kritisierte der Chef der Rürup-Kommission Vorschläge, Rentnern ihre Krankenkassenbeiträge in Zukunft zu einem großen Teil alleine aufzubürden. Er sehe „nur ein bisschen Spielraum für Veränderungen“, sagte Bert Rürup dem Tagesspiegel am Sonntag. Derzeit zahlen Rentner und Rentenversicherer die Beiträge jeweils zur Hälfte. Wenn durch eine Senkung des Beitrags der Krankenversicherung der Rentner die von Eichel geforderten sieben Milliarden Euro eingespart werden sollten, „wird dies zu abwegigen Rentenkürzungen von etwa 3,5 Prozent führen“, sagte Rürup. Rund 13,5 Milliarden Euro zahlen die Rentenkassen in diesem Jahr für die Krankenversicherung der Rentner.

In der Grünen-Fraktion gibt es nach Informationen des Tagesspiegels am Sonntag Überlegungen, Rentner künftig einen größeren Teil ihrer Krankenkassenbeiträge übernehmen zu lassen. Im Rahmen der Gesundheitsreform soll ohnehin die hälftige Finanzierung aufgehoben werden: Arbeitnehmer sollen 53 Prozent der Beiträge bezahlen, Arbeitgeber nur noch 47 Prozent. Durch diese rechnerische Verschiebung der Parität sollen die Versicherten das Krankengeld alleine finanzieren, das etwa sieben Milliarden Euro ausmacht. Auch für die Rentner könnte nun die Parität entsprechend verschoben werden. Profitieren würden die Rentenversicherer. Kritiker argumentieren, dies sei ungerecht, weil Rentner kein Krankengeld beziehen. Ulla Schmidts Berater, der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen, schloss im „Focus“ nicht aus, dass der Sozialbeitrag zur Rentenversicherung bei schwacher Konjunktur von jetzt 19,5 Prozent auf über 20 Prozent steigen könnte. Derzeit geht die Regierung von 19,8 Prozent für 2004 aus.

Der Sozialverband VdK droht in der Rentendebatte mit einer Verfassungsklage. „Wenn bei den Renten gekürzt wird, werden wir sofort vor das Bundesverfassungsgericht ziehen“, kündigte VdK-Präsident Walter Hirrlinger in der „Bild am Sonntag“ an. Eichels Sprecher Jörg Müller widersprach. Der Minister „plant auch kein Einfrieren des Bundeszuschusses zur Rente.“ Dagegen berichtet der „Spiegel“, Eichel habe Ulla Schmidt mitgeteilt, dass er den Rentenzuschuss von 73 Milliarden Euro 2004 auf dem Niveau dieses Jahres einfrieren wolle. So sollten 1,3 Milliarden Euro eingespart werden.

Über eine Renten-Nullrunde oder ein Abbremsen des Anstiegs der Altersbezüge 2004 sowie geringere Beiträge der Rentenversicherung an die Krankenversicherung der Rentner hatte die SPD-Bundestagsfraktion am Mittwoch diskutiert. Im Gespräch war eine Anhebung des Krankenkassenbeitrags der Rentner um 25 auf 75 Prozent.

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