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Politik: Stammzellen ohne Risiko?

Gibt es bereits die Möglichkeit, vollwertige embryonale Stammzellen zu gewinnen, ohne entstehendes menschliches Leben zu zerstören? Eine Bemerkung von Jürgen Hescheler, Direktor des Instituts für Neurophysiologie an der Uni Köln, lässt die Entscheidung des Bundestags zum StammzellImport Ende Januar in neuem Licht erscheinen.

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Gibt es bereits die Möglichkeit, vollwertige embryonale Stammzellen zu gewinnen, ohne entstehendes menschliches Leben zu zerstören? Eine Bemerkung von Jürgen Hescheler, Direktor des Instituts für Neurophysiologie an der Uni Köln, lässt die Entscheidung des Bundestags zum StammzellImport Ende Januar in neuem Licht erscheinen. Bei den "Bitburger Gesprächen", einer rechtspolitischen Fachtagung, erklärte er, Blastozysten - also befruchtete Eizellen im Frühstadium - könne eine Zelle entnommen werden, ohne dass sie zerstört würden. "Mindestens theoretisch", sagte er. Daraus könnten dann künftig embryonale Stammzell-Linien entwickelt werden.

Die Nachricht löste unter den Zuhörern, aktiven und ehemaligen Verfassungsrichtern, Erstaunen aus. Denn mit dieser Möglichkeit wäre das am schwersten wiegende rechtsethische Problem bei der StammzellGewinnung und folglich auch bei deren Import aus der Welt: die Tötung des Embryos. "Wir müssten dann nur über die Ebene der Körperverletzung diskutieren", sagte der frühere Bundespräsident Roman Herzog. "Wenn diese Position zutrifft, verstehe ich nicht, weshalb die deutsche Forschungsgemeinschaft noch mit der Notwendigkeit verbrauchender Embryonenforschung argumentiert", meinte der frühere Präsident des Karlsruher Gerichts, Ernst Benda.

Ist dies womöglich nur langfristig eine Alternative? Der Humangenetiker Claus Bartram (Heidelberg) sieht im anstehenden Parlamentsbeschluss gleichwohl eine "ethische Grundsatzentscheidung". Die Forschung habe mit Zell-Entnahme bei Blastozysten noch keine Erfahrung. "Fürs erste müssen wir deshalb über den Import und damit auch über die Frage entscheiden, ob wir verbrauchende Embryonenforschung zulassen wollen." Bartram sieht in der von seinem Kollegen Hescheler vertretenen Option jedoch auch auf Dauer keine Lösung: "Keine Frau wird etwa bei einer In-Vitro-Fertilisation (künstliche Befruchtung) bereit sein, den Embryo diesem Risiko auszusetzen".

Auch die Grünen haben auf ihrer Fraktionsklausur in Wörlitz am Donnerstag das Thema beredet. Eine Gruppe plädierte für eine Stichtagsregelung, nach der der Verbrauch von neuen embryonalen Stammzelllinien, die nach dem 8. August 2001 erzeugt wurden, verboten werden soll. Auch der Import von Stammzellen aus getöteten Embryonen soll verboten werden. Das Verbot könne sich aber nicht rückwirkend auf vorhandene Stammzelllinien erstrecken kann, die international als Medizinprodukte gehandelt werden. Einige Abgeordnete halten diese Regelung jedoch für eine unnötige Aufweichung eines Totalverbots.

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