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Politik: Steinmeier: Hamas ist regierungsfähig

Außenminister fordert dafür aber Gewaltverzicht / 30 Verletzte bei Selbstmordanschlag des Dschihad

Kairo/Tel Aviv - Außenminister Frank- Walter Steinmeier (SPD) hält im Falle eines Wahlerfolgs der Hamas bei den palästinensischen Parlamentswahlen eine spätere Regierungsbeteiligung der radikalislamischen Gruppe grundsätzlich für möglich. Dies sei aber nur für politische Kräfte möglich, die sich von der Gewalt verabschiedet hätten, sagte Steinmeier am Donnerstag nach einem Treffen mit Ägyptens Staatspräsident Hosni Mubarak in Kairo. Wenn die Hamas dies tue, könne man sich eine Regierungsbeteiligung vorstellen. „Aber es scheint für die Hamas noch ein weiter Weg zu sein.“

Der Hamas werden am 25. Januar bei den ersten palästinensischen Parlamentswahlen seit 1996 laut Umfragen gute Chancen vorhergesagt. Die Gruppe lehnt aber das Existenzrecht Israels ab und steht bei der EU auf der Liste der terroristischen Vereinigungen.

Am Donnerstag schloss die israelische Polizei das Hauptquartier der Hamas im Ostjerusalemer Bezirk Jabel Mukatar. Dokumente und Geräte wurden ebenso beschlagnahmt wie Hamas-Flaggen. Ein Aktivist wurde festgenommen. Die Aktion erfolgte im Rahmen des israelischen Verbotes jeglicher Wahlkampfaktivitäten der Hamas im annektierten Ostteil Jerusalems.

Bei der regierenden Fatah ist man der Überzeugung, dass das israelische Vorgehen gegen die Hamas dieser letztlich nützt, weil ihr jede Festnahme Stimmen bringe, sagen politische Beobachter. Vor allem in Jerusalem könnte es deshalb zu einem Erdrutschsieg der Hamas kommen, vermuten Regierungskreise in Ramallah, die gar von einer möglichen Konspiration zwischen Israel und der Hamas gegen Fatah sprechen. Die jüngste Meinungsumfrage sieht die Fatah bei 35 Prozent, während für die Hamas 26 Prozent prognostiziert werden. Für die Fatah käme ein Wahlergebnis unter 40, für die Hamas eines unter 30 Prozent einer Niederlage gleich. Die Fatah tut sich bisher im Wahlkampf schwer, denn sie richtet ihren Blick rückwärts. Ihre Anzeigenkampagnen zeigen große Porträts des verstorbenen Jassir Arafat sowie vieler als korrupt und verschlissen geltender Kandidaten.

Ganz anders präsentiert sich die Hamas, die über zahlreiche allgemein respektierte Persönlichkeiten als Kandidaten verfügt: neben Geistlichen etliche Professoren, Ärzte, Akademiker, Häftlinge, von der israelischen Polizei Gesuchte und auch einige Frauen. Die Hamas verspricht den Wählern eine bessere Zukunft – sofern die Partei an der Regierung beteiligt werde und Ressorts wie Wohlfahrt, Gesundheit und Erziehung übernehmen könne.

Fatah-Chefunterhändler Sajeb Erakat hat Israel aufgefordert, dem in Israel inhaftierten ehemaligen Intifada-Anführer Marwan Barghuti zu erlauben, aus seiner Gefängniszelle heraus Wahlkampf zu führen und arabischen insbesondere palästinensischen Medien Interviews zu geben. Der populäre Barghuti führt die Fatah-Liste an und soll seiner Bewegung, deren Generalsekretär er im Westjordanland war, helfen, den Vormarsch der Hamas zu stoppen.

Ein palästinensischer Selbstmordattentäter sprengte sich am Donnerstag in der Nähe eines Busbahnhofs in Tel Aviv in die Luft und verletzte dabei mindestens 30 Menschen. Der 22-jährige Mann aus Nablus im Westjordanland, der dem bewaffneten Arm des radikalen Islamischen Dschihad angehörte, habe die Bombe in einem Schnellimbiss gezündet, teilte die israelische Polizei mit. Die Palästinenserführung verurteilte die Tat, weil sie sich gegen Zivilisten gerichtet habe und eine Woche vor der palästinensischen Parlamentswahl verübt worden sei. Nach seiner Rückkehr aus Ägypten sagte Bundesaußenminister Steinmeier in Berlin: „Diese verbrecherische Tat zeigt, vor welch großen Herausforderungen alle Kräfte des Friedens im Nahen Osten stehen.“dpa/cal

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