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Politik: Union fordert Vorlage der Gesundheitspläne

„Noch vor den Wahlen auf den Tisch“ / CDU und Arbeitgeber erwarten Krankenkassenbeitrag von bis zu 15 Prozent

Berlin. Die Ankündigung von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), ihre Reformpläne doch erst nach den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen zu präsentieren, ist in der Union auf Kritik gestoßen. „Die Pläne müssen auf den Tisch“, sagte der sozialpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Andreas Storm, dem Tagesspiegel. Eine Ministeriumssprecherin sagte, die Eckpunkte für eine Reform im Gesundheitswesen würden erst nach dem 2. Februar vorgestellt. Es sei „nicht opportun“, unmittelbar vor solch wichtigen Entscheidungen an die Öffentlichkeit zu gehen. Im Ministerium und in der SPD war lange über den richtigen Zeitpunkt diskutiert worden. Schmidt hatte ursprünglich aufs Tempo drücken wollen.

Ihre Zustimmung zur Gesundheitsreform knüpfen CDU und CSU an Bedingungen: „Wir sind nur bereit über ein Gesamtpaket zu reden“, sagt der Sozialpolitiker Storm. Einnahmen und Ausgaben müssten gemeinsam behandelt werden. „Im Sommer Ulla Schmidts Reformen verarzten und im Herbst die Rürup-Gesetze? Da machen wir nicht mit.“ Bislang sieht die Regierung einen anderen Fahrplan vor. Vor Ostern soll das Gesetzespaket des Ministeriums in den Bundestag eingebracht werden. Die Expertenkommission unter Leitung des Ökonomen Bert Rürup beginnt dagegen erst jetzt mit ihrer Arbeit, langfristig bezahlbare Finanzierungskonzepte für die Sozialversicherungen zu entwickeln. Selbst mit gestrafftem Zeitplan könnten die ersten Gesetze frühestens im Herbst im Parlament behandelt werden.

Von der Ministerin forderte Storm „ein klares Signal für eine grundsätzliche Neuausrichtung der Gesundheitspolitik“. Die Opposition erwarte, dass Schmidt Wettbewerbselemente in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht völlig ablehne. Unmut herrscht in der Union darüber, dass die Fraktionen von SPD und Grünen sich am vergangenen Wochenende gemeinsam darauf verständigt haben, geplante Rabattmodelle wie das der Techniker Krankenkasse (TK) abzulehnen. Die TK will in einem Modellversuch Versicherte, die nur selten zum Arzt gehen, mit einem Rabatt belohnen. „Im Jahr 2003 müssen wir die Einheitstarife von der Stange in den Krankenversicherungen abschaffen“, forderte Storm.

Die Union rechnet für 2003 mit einem Anstieg der Sozialbeiträge auf den historischen Höchstwert von mindestens 42,4 Prozent. Trotz der rot-grünen Eil- und Spargesetze „dreht sich die Beitragsspirale mit voller Wucht weiter“, sagte Storm. Der Durchschnittsbeitrag zur Krankenkasse werde auf mindestens 14,7 Prozent steigen, der Rentenbeitrag werde spätestens 2004 auf mindestens 19,7 Prozent klettern. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt rechnet bis Anfang 2004 sogar mit einem Rentenbeitrag von 20 und einem Kassenbeitrag von 15 Prozent.

Ungeachtet des Widerstands innerhalb der Regierung will die Rürup-Kommission die beitragsfreie Krankenmitversicherung für Familienangehörige auf den Prüfstand stellen. Das machte Kommissionschef Bert Rürup klar. Der Auftrag der Kommission „umfasst natürlich auch dieses Thema“. Schließlich solle das Gremium Vorschläge zur besseren Finanzierung des Systems machen. Da stelle sich die Frage, ob alle Leistungen wirklich in die Krankenversicherung gehörten. Der Sozialverband VdK fordert dagegen, die beitragsfreie Mitversicherung müsse „als Zeichen der Solidarität“ bleiben. „Ein Wegfall würde die Familien noch mehr belasten“, sagte VdK-Präsident Walter Hirrlinger. Er erwartet, dass zunächst alle familienpolitischen Leistungen, die aus Steuermitteln finanziert werden sollen, aufgelistet würden, so dass dann eine Gesamtlösung präsentiert werde. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Manfred Kock, rief dazu auf, die Strukturreformen der Sozialsysteme nicht aufzuschieben. Die Reformen müssten mit Verzicht einhergehen, um den Sozialstaat zu erhalten. Cordula Eubel

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