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Roma-Abschiebung: „Verheerende Folgen für Kinder“

UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay erhebt wegen der Rückführung der Roma in das Kosovo Vorwürfe gegen Deutschland. Die Abschiebung von rund 8500 Roma ohne Aufenthaltsgenehmigung hatte die Bundesregierung im April mit dem Kosovo vereinbart.

Die UN- Menschenrechtskommissarin Navi Pillay hat eine „unglaubliche Diskriminierung“ von Roma in Europa beklagt und auch schwere Vorwürfe gegen Deutschland erhoben. Die Rückführung der Roma von Deutschland in das Kosovo habe „verheerende Folgen für die Rechte der Kinder, auch für ihr Recht auf Bildung“, schrieb Pillay in einem Beitrag für die „Frankfurter Rundschau“. Nach vorsichtigen Schätzungen der Gesellschaft für bedrohte Völker leben hierzulande rund 10 500 Roma-Flüchtlinge aus dem Kosovo.

„Roma-Kinder, die in deutschen Schulen gut integriert waren, befinden sich auf einmal in einem völlig fremden Umfeld, in dem nur Albanisch gesprochen wird“, kritisierte Pillay. „Plötzlich können sie gar nicht mehr oder nur unter großen Schwierigkeiten zur Schule gehen.“ Die Bundesregierung hatte im April mit dem Kosovo ein Abkommen unterzeichnet, das die Abschiebungen tausender Roma in den Balkanstaat regelt, die keinen gültigen Aufenthaltsstatus in Deutschland haben.

In Deutschland geht es um insgesamt 8500 Roma

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums geht es bei dem Abkommen um insgesamt 8500 Roma. Einer Rückkehr auf den Balkan stünde nichts mehr im Wege, da sich die politische Situation im Kosovo nunmehr entspannt habe, heißt es aus dem Innenministerium.

Hilfsorganisationen und die beiden großen Kirchen prangern die Vereinbarung mit dem Kosovo hingegen an. Sie argumentieren ähnlich wie UN-Menschenrechtskommissarin Pillay: Viele der Betroffenen lebten seit Jahrzehnten in Deutschland. Ihre Kinder seien hier aufgewachsen und fühlten sich als Deutsche.

Ganz unproblematisch ist das Verhältnis allerdings nicht. Denn Enttäuschungen und Misstrauen herrschen auf beiden Seiten vor. So bekommen geduldete Roma in Deutschland für ihre Kinder kein Kindergeld. In einigen Bundesländern gilt für die Heranwachsenden noch nicht einmal die Schulpflicht – nämlich im Saarland, in Baden-Württemberg und in Hessen. Gleichzeitig haben manche Roma-Eltern Vorbehalte gegenüber dem deutschen Bildungssystem. Sie fürchten, dass ihre Kinder die Nähe zu ihrer Ursprungskultur verlieren könnten. Hinzu kommt, dass geduldeten Roma in Deutschland nicht selten Integrationsmaßnahmen und Sprachkurse verwehrt bleiben.

EU-Kommission stellt Ultimatum an Frankreich

Im Streit um die Ausweisung von Roma hatte die EU-Kommission Frankreich am Mittwoch ein Ultimatum gestellt. Wenn Paris nicht bis zum 15. Oktober die Regeln zur Niederlassungsfreiheit von EU-Bürgern umsetzt, droht dem Land ein Vertragsverletzungsverfahren.

Nach einem am Donnerstag veröffentlichten Positionspapier der Weltbank könnten Bulgarien, Tschechien, Rumänien und Serbien wirtschaftlich erheblich davon profitieren, wenn die Ausbildungs- und Beschäftigungschancen der dort lebenden Roma verbessert würden. Dem Papier zufolge könnte die jährliche Wirtschaftsleistung in den vier mittel- und osteuropäischen Ländern um 9,9 Milliarden Euro steigen, wenn die Roma dort am Wirtschaftsleben genauso beteiligt wären wie die Mehrheitsbevölkerung. Zudem könnten die vier Länder den Angaben zufolge mit zusätzlichen Steuereinnahmen in der Höhe von 3,5 Milliarden Euro rechnen. Laut Weltbank leben zwei Drittel der Roma in Mittel- und Osteuropa in Bulgarien, Tschechien, Rumänien und Serbien. (AFP/ame)

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