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© dpa

Afghanistan: Vorwürfe gegen Anwalt der Opfer von Kundus

Amnesty und Grüne werfen dem Bremer Juristen Karim Popal Agitation und Geschacher vor.

Berlin/Bremen - Vor Weihnachten hatte sich der Bremer Rechtsanwalt Karim Popal einigen Respekt erworben: Der aus Afghanistan stammende Jurist war dem Hilferuf eines Freundes gefolgt und auf eigene Faust in die alte Heimat geflogen. Er sammelte Vollmachten von Hinterbliebenen des Nato-Angriffs Anfang September nahe Kundus, um für sie Schadenersatz aus Deutschland zu erkämpfen. Doch Politiker und die Menschenrechtsorganisation Amnesty International werfen dem Anwalt jetzt politische Agitation und Eigennutz vor.

Auf einem Video, das in dieser Woche das ARD-Politmagazin „Report Mainz“ zeigte, ist Popal im Gespräch mit Dorfältesten bei Kundus Mitte November zu sehen. Popal sagt wörtlich zum Vorgehen der europäischen und amerikanischen Truppen: „In verschiedenen Orten ist es so: Sie gehen in die Dörfer und töten Menschen, weil sie einen langen Bart tragen und sich wie die Taliban kleiden. In Afghanistan tragen viele Leute einen Bart und tragen einen Turban.“ Omid Nouripour, Obmann der Grünen im Bundestagsuntersuchungsausschuss zur Kundus-Affäre sagte dazu, dies sei „Agitation der übelsten Sorte“. Monika Lüke, Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, erklärte, so schüre man die Auseinandersetzung.

Lüke wirft dem Anwalt zudem „Geschacher“ um die Opferzahlen vor. Karim Popal kommt im Ergebnis auf 137 tote zivile Opfer. In Untersuchungen von Nichtregierungsorganisationen ist von niedrigeren Zahlen die Rede. Amnesty International nennt 83 getötete Zivilisten. Die afghanische unabhängige Menschenrechtskommission (AIHRC) in Kabul führt in einem bisher unveröffentlichten Untersuchungsbericht, auf den sich das ARD-Magazin bezieht, 112 getötete Opfer auf. Die Nato selbst hält allerdings sogar bis zu 142 Opfer des Angriffs für möglich. Auf „Spiegel-online“ wird der Gourverneur von Kundus, Mohammed Omar mit der Behauptung zitiert, Popal stehe Islamisten nahe. Davon allerdings weiß Bremens Innensenator nichts. Popal schulte vielmehr im Auftrag des Max-Planck-Institus drei Jahre lang afghanische Juristen und Polizisten in Sachen Rechtssaatlichkeit.

In der Sendung werden unter Berufung auf einen Berliner Anwalt, der mit Popal zusammenarbeitete, auch Zweifel daran erhoben, ob er tatsächlich 79 Mandanten hat. Marieluise Beck, Afghanistanspezialistin der Bundestagsgrünen: „Das Bundesverteidigungsministerium ist aufgefordert, den Ungereimtheiten nachzugehen und schnell zu klären, mit welcher anwaltlichen Vertretung es zu tun hat.“

Nach ARD-Angaben haben sich auch einzelne Mandanten von Popal distanziert und wollen direkt Geld vom Verteidigungsministerium in Berlin. Popal hatte dem Tagesspiegel am Montag gesagt, mit dem Verteidigungsministerium sei er „einer Einigung sehr nahe“. Er halte die Einrichtung eines Witwenhauses oder einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft angesichts der Lage in Afghanistan aber für nachhaltiger als die Auszahlung von Geld an Einzelne. stg/clk/hmt

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