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Politik: …wir Abseits singen

Im Jahre 1977 hat ein blonder Sänger namens Heino das Lied der Deutschen gesungen und auf Schallplatte aufgenommen. Und zwar nicht nur jenen Teil, der Nationalhymne ist, also nicht nur die dritte Strophe (Einigkeit und Recht und Freiheit…) sondern das ganze Lied, die MaxiVersion sozusagen.

Im Jahre 1977 hat ein blonder Sänger namens Heino das Lied der Deutschen gesungen und auf Schallplatte aufgenommen. Und zwar nicht nur jenen Teil, der Nationalhymne ist, also nicht nur die dritte Strophe (Einigkeit und Recht und Freiheit…) sondern das ganze Lied, die MaxiVersion sozusagen. Also auch Strophe eins (Deutschland, Deutschland über alles…) und Strophe zwei (Deutsche Frauen, deutsche Treue…). Vielen Deutschen war das peinlich, viele betrachteten es als verurteilenswerte Deutschtümelei, und viele andere kauften sich die Platte. Sie sprachen nur nicht so laut über ihre Meinung.

Im Jahre 2006 wird der oben genannte und immer noch sehr blonde Künstler, der mitunter „Volksmusiklegende“ genannt wird, seine Karriere beenden. Er hat das versprochen. Mit einem quasi letzten Wunsch hat er sich jetzt an die Presse gewandt: Er würde zur Eröffnung der Fußballweltmeisterschaft im Münchner Fußballstadion gerne die Hymne singen.

Nachdem jüngst eine ähnlich blonde Popsängerin in ebendiesem Stadion allein an der dritten Strophe des Liedes gescheitert ist („Brüh im Lichte dieses Glückes“, sang die Aufgeregte), liegt es nahe, einen Künstler mit garantierter Textsicherheit für den Job 2006 zu engagieren. Da hört dann schließlich die ganze Welt zu. Aber was soll die ganze Welt denken, wenn Heino sich zum Anfang denkt: Zum Anfang muss man doch immer die erste Strophe singen…

Nein, das geht so nicht. Man könnte mal ganz grundsätzlich überlegen, ob es überhaupt die missverständliche Fallersleben/Haydn-Hymne sein muss. So richtig konkret und aktuell ist ja nicht einmal die dritte Strophe.

Drei Musiker, eine Sängerin, ein Pianist und ein Saxophonist haben nun aus aktuellem Anlass den Artikel 68 Grundgesetz vertont. Das ist jener, in dem es um die Vertrauensfrage geht. „Die Komposition gleitet von zaghaften dissonanten Tönen ins Kakophonische über und verhallt in offener Tristesse“, so wird das Stück beschrieben. Es gehe den Musikern um „die extreme Beanspruchung des Grundgesetzes“. Mag sein, dass das im Juni 2006 nicht mehr aktuell ist, aber wir wollten nur mal zeigen, was heute alles möglich ist. Warum vertont man nicht die Abseitsregel, ein Thema von weltweitem Interesse? Eine Abfolge von Siegesmarsch, Atonalität und Katzenjammer wäre da denkbar. Und, was soll’s, singen soll das dann ruhig der Heino. Vom stolzen Anfang bis zum bitteren Ende. dae

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