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Brandenburg: ?Abbruchtourismus? nach Berlin ?denkbar?

In Brandenburg entscheiden sich Minderj?hrige laut Statistik seltener f?r einen Schwangerschaftsabbruch als in Berlin

Potsdam - Auf den ersten Blick ist es ein erfreuliches Ergebnis, zu dem das statistische Bundesamt bei einer aktuellen Hochrechnung f?r das Jahr 2005 kommt: Die Zahl der Schwangerschaftsabbr?che bei minderj?hrigen M?dchen im Land Brandenburg ist um rund 20 Prozent gesunken.

Evelyn Laue vom Statistischen Bundesamt weist jedoch darauf hin, dass sich eine niedrige Zahl, wie in diesem Fall 328 Abbr?che, schon durch eine Hand voll Personen prozentual deutlich ver?ndert. Die Entwicklung der vergangenen sechs Jahre zeige, dass ungeachtet j?hrlicher Schwankungen zwar die Gesamtzahl der Schwangerschaftsabbr?che zur?ck gegangen ist, nicht jedoch die Abbr?che bei den unter 18-j?hrigen M?dchen, so Laue. Diese h?tten in Brandenburg in den Jahren 2000 bis einschlie?lich 2004 um knapp 26 Prozent zugenommen.

Besonders auff?llig sei, dass sich die Zahlen der einzelnen Bundesl?nder stark unterscheiden, so Laue. Brandenburg und Berlin seien exemplarisch daf?r. So haben sich in der Hauptstadt laut Hochrechnung 7 Prozent mehr junge M?dchen als im Vorjahr gegen ein Kind entschieden ? das sind 27 Prozent mehr als in Brandenburg.

Angela Horsch vom Berliner Frauenberatungszentrum Balance h?lt es f?r ?denkbar?, dass eine Art ?Abbruchtourismus? zwischen den Bundesl?ndern stattfindet. ?Es gibt junge M?dchen aus Brandenburg, die den Schwangerschaftsabbruch in Berlin vornehmen lassen, weil es hier eine gr??ere Auswahl an Fach?rzten gibt?, sagt Horsch. Dass der Eingriff in Berlin nicht nur unter Vollnarkose m?glich ist, sondern auch mit ?rtlicher Bet?ubung, ist f?r Horsch jedoch kein ?berzeugendes Indiz f?r einen m?glichen ?Abbruchtourismus?, weil sich auch in Berlin mehr als 80 Prozent der Frauen f?r die Vollnarkose entscheiden. Auch aus Sicht des Potsdamer Gyn?kologen Herbert Giers sind alternative Abbruchmethoden kein triftiger Grund f?r junge Frauen, um nach Berlin zu gehen. Zwar sei er in Potsdam der einzige Facharzt, der auch den medikament?sen Abbruch durchf?hre, aber auch diese Methode sei in der Praxis sehr selten, weil sie maximal bis zur siebten Schwangerschaftswoche angewendet werden d?rfe.

Dass sich derzeit ein ?Abbruchtourismus? von Brandenburg nach Berlin entwickelt h?lt Giers dennoch f?r wahrscheinlich. ?Die Gro?stadt ist anonymer und obwohl die rechtlichen Kontrollen hier wie da eigentlich gleicherma?en gelten, gibt es in Berlin Orte, wo manches lockerer gehandhabt wird?, deutet Giers an. Kontrollen von staatlicher Seite dar?ber, ob die Fach?rzte ? insbesondere bei Minderj?hrigen ? die gesetzlichen Auflagen f?r einen Abbruch einhalten, finden weder in Potsdam noch in Berlin statt, best?tigen das Brandenburger Sozialministerium und der Berliner Senat f?r Gesundheit.

Bei der Bundeszentrale f?r gesundheitliche Aufkl?rung (BzgA) gibt das Thema Teenagerschwangerschaften Anlass zur Sorge. Auch wenn die Zahlen aus Deutschland im internationalen Vergleich bisher niedrig ausfallen, sei die steigende Tendenz unverkennbar, hei?t es in einer aktuellen Studie. Die Ursachen liegen laut BzgA jedoch nicht in mangelnder Aufgekl?rtheit von Jugendlichen, sondern in sozialen Ungleichheiten. So entscheiden sich in den neuen Bundesl?ndern und somit auch in Brandenburg mehr minderj?hrige M?dchen f?r ein Kind, weil sie beruflich keine Perspektive f?r sich sehen. Zu diesem Ergebnis kommen Jutta Franz und Ulrike Busch, die die Ursachen von Teenagerschwangerschaften untersucht haben. In Regionen, wo die Arbeitslosigkeit bei rund 25 Prozent liege, bek?men viele junge M?dchen ein Baby, um eine Aufgabe zu haben, sich gebraucht zu f?hlen, so die Wissenschaftlerinnen.

Auch materielle Gr?nde spielen dabei eine Rolle, so Franz und Busch. So w?rden M?dchen aus sozial schwierigen Verh?ltnissen ein Kind oft als Ausweg ansehen, um dank staatlicher Unterst?tzung unabh?ngig von den Eltern leben zu k?nnen. Von Juliane Schoenherr

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