zum Hauptinhalt

Prozessauftakt: Säugling einfach im Garten verscharrt

Update. Die Einwohner des Städtchens Jüterbog waren schockiert, als dort im Februar dieses Jahres die verscharrte Leiche eines Säuglings gefunden wurde. Nun stehen die Eltern vor Gericht. Wer die Schuld an dem tragischen Ereignis trägt, blieb zum Auftakt unklar.

Potsdam/Jüterbog - Die Einwohner des Städtchens Jüterbog (Teltow-Fläming) waren schockiert, als dort im Februar dieses Jahres die verscharrte Leiche eines Säuglings gefunden wurde. Nun stehen die Eltern vor Gericht. Die Mutter hat zum Auftakt des Mordprozesses alle Schuld von sich gewiesen. Sie verlas am Dienstag am Landgericht Potsdam eine Stellungnahme, in der sie erklärte, mit der Tat nichts zu tun zu haben. Sie habe das Kind von Anfang an behalten wollen, nur ihr Lebensgefährte sei stets dagegen gewesen.

Die Staatsanwaltschaft wirft der 38 Jahre alten Frau und ihrem drei Jahre jüngeren Ex-Partner vor, dem Mädchen unmittelbar nach der Geburt am 2. Juni 2009 den Schädel eingeschlagen und den Säugling dann im Garten verscharrt zu haben. Gefunden wurde die Leiche aber erst im Februar dieses Jahres. Die Ermittler hatten einen Hinweis bekommen.

Nach der Geburt im Keller des gemeinsamen Hauses sei sie erschöpft gewesen und habe um sich herum nichts mehr wahrnehmen können, sagte die Mutter vor Gericht. Am folgenden Tag habe ihr damaliger Lebensgefährte erzählt, er habe das Kind im Garten vergraben. Sie sei dann fortwährend unter Druck gesetzt worden. Deshalb habe sie so lange niemandem etwas von dem Vorfall erzählt.

Der Angeklagte wollte sich zunächst nicht zur Tat äußern. Er beschrieb die familiäre Lage aber als unerträglich und die Mutter des Kindes als alkoholabhängig. Zudem verwies der 35-Jährige auf seine früheren Aussagen vor dem Haftrichter, wonach die Frau das Neugeborene in seiner Abwesenheit umgebracht habe. Ein Zeuge berichtete, das Paar habe regelmäßig viel Alkohol getrunken und gestritten und sei mit der Erziehung der älteren Kinder bereits schwer belastet gewesen. Am ersten Prozesstag sollten noch eine Freundin der Angeklagten und ein Großelternteil als Zeugen gehört werden.

Die Eltern sitzen seit Anfang Februar in Untersuchungshaft. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Vater die treibende Kraft hinter dem Verbrechen war. Die Mutter soll aber mit der Tötung einverstanden gewesen sein. Die Anklage geht davon aus, dass sie das Kind als zusätzliche finanzielle Belastung ansahen. Die Frau hatte bereits zwei Kinder aus einer früheren Beziehung, zudem hatte das Paar bereits ein gemeinsames Kind. Die drei Kinder hat das Jugendamt in Obhut genommen, sie werden psychologisch betreut.

Das Urteil wird nach elf Prozesstagen am 31. Januar 2012 erwartet. 17 Zeugen und vier Sachverständige will das Gericht bis dahin hören.

Bei dem Fund der Leiche inmitten der beschaulichen Wohnsiedlung mit gepflegten Gärten und viel Grün hatte sich den Ermittlern ein Bild des Grauens geboten. Lange stand nicht einmal fest, ob es ein Junge oder Mädchen war. Anfangs war völlig ungewiss, ob die Rechtsmediziner überhaupt zu einem Ergebnis kommen. Denn die Überreste des Babys waren stark verwest. Eine Bekannte der Mutter hatte die Polizei über den Fall informiert – und dass sich die Frau stellen wollte. 30 Beamte rückten an und fanden die Überreste des Kindes.

Bei den Behörden war die Frau durchaus bekannt. Seit 2004 hielt das Jugendamt Kontakt in einem familiengerichtlichen Verfahren zu ihr. Es geht um Sorge- und Umgangsfragen für ihre zwei älteren Kinder. Das Jüngere von beiden, ein Mädchen, war im Juli 2006 aus dem sechsten Stock eines Plattenbaus gestürzt und überlebte schwer verletzt. Die Mutter war damals nicht daheim, sondern tanzen. Ein Ermittlungsverfahren dazu wurde aber eingestellt, die Familie zum Betreuungsfall. Die Mitarbeiter des Jugendamts, aber auch das Personal in Kita und Schule bemerkte bei Hausbesuchen und Gesprächen nichts von der Schwangerschaft.

Der Fall hatte schlimme Erinnerungen geweckt: In Brieskow-Finkenheerd wurden 2005 neun Babyleichen in Eimern und Blumenkübeln gefunden, die Mutter wurde wegen Totschlags zu 15 Jahren Haft verurteilt. axf/dpa/dapd

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false