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In Apotheken sind viele Medikamente gerade nicht auf Lager.

© dpa / Maurizio Gambarini

Kranke Kinder besonders betroffen: Potsdamer Apotheken haben Engpässe bei 300 Medikamenten

Der Medikamentenmangel hat sich seit dem Sommer verschärft, eine Ursache dafür ist Chinas Null-Covid-Politik.

Schon im Sommer ächzten die Potsdamer Apotheken unter Medikamentenmangel – mittlerweile hat sich die Lage weiter verschärft: „Unser halber Tag besteht darin, nach Ausweichalternativen für fehlende Medikamente zu suchen“, sagt Magnus Albrecht von der Humboldt-Apotheke in der Heinrich-Mann-Allee. Täglich passiere es bei mindestens 15 Kund:innen, dass die Apotheke bestimmte Medikamente nicht habe oder nicht bestellen könne: „So etwas habe ich noch nicht erlebt, seit ich Apotheker bin“, sagt Albrecht.

Ähnliches berichtet Stefanie Heß, Leiterin der Babelsberg-Apotheke in der Großbeerenstraße: „Wir haben in unserem Sortiment etwa 100 Medikamente, die gerade nicht lieferbar sind.“ Es fehle vor allem an Fiebersäften für Kinder, aber auch an Antibiotika, Antidepressiva oder Bluthochdruckmitteln. „Paracetamol-Zäpfchen für Babys sind schon seit Wochen nicht lieferbar“, sagt sie. Über ihrer Apotheke sitzt eine Kinderarztpraxis, vor allem der Mangel an Ibuprofen- oder Paracetamol-Säften ist dort deutlich spürbar: „Das macht im Moment wirklich keinen Spaß“, so Heß.

Manchmal hilft nur warten

Bislang behelfen sich die Apotheker:innen damit, auf Produkte anderer Hersteller, andere Abpackungen oder artverwandte Medikamente auszuweichen. „Aber das ist ein immenser Zeitaufwand“, sagt Albrecht. „Wir fragen täglich beim Großhandel, was es noch gibt“, sagt Heß. „Manchmal kann man Medikamente austauschen, aber manchmal können wir auch gar nicht helfen.“ In diesem Fall könne man nur warten, so Heß.

Es handelt sich um ein bundesweites Problem: Laut der Lieferengpass-Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte bestehen derzeit bei 304 Medikamenten Lieferschwierigkeiten – 30 mehr, als Ende Juli. „Es wird zunehmend schlimmer und betrifft nahezu alle Arten von Medikamenten“, sagt Mathias Braband-Trabandt, Pressesprecher des Apothekerverbandes Brandenburg e.V. mit Sitz in Potsdam.

Deutschland ist stark abhängig von Lieferketten aus Asien

Zu den Gründen gehören vor allem gestörte Lieferketten: Ein Großteil der Arzneimittelproduktion konzentriere sich mittlerweile auf einige weniger Hersteller, so Braband-Trabandt. Da diese aus Kostengründen vor allem in asiatischen Ländern wie China oder Indien produzieren, ist die europäische Abhängigkeit von Lieferketten in den letzten Jahren gestiegen. Aufgrund von Chinas drastischer Null-Covid-Strategie werden aktuell ganze Städte abgeriegelt und viele Fabriken können nicht mehr produzieren.

„Zum Glück gibt es in Europa noch einige Generika-Hersteller, aber es herrscht enormer Preisdruck im System“, sagt Braband-Trabandt. „Hier ist die Forderung an die Politik, die Wirkstoffproduktion in Europa wieder attraktiver zu machen.“

Apotheken erlauben keine Hamsterkäufe

Sollten die Lieferengpässe noch schlimmer werden, könnten Apotheken Medikamente zur Not auch selbst herstellen. „Das geht natürlich nur, wenn die Grundstoffe in ausreichender Menge vorhanden sind“, sagt Albrecht. Abgesehen davon sei die Herstellung eigener Medikamente natürlich teuer und aufwändig, sagt Heß: „Und es ist unklar, ob die Krankenkassen das übernehmen.“

Die meisten ihrer Kund:innen hätten Verständnis für die Situation, sagt Heß: „Das hat natürlich Grenzen, wenn man gerade ein fieberndes Kind auf dem Arm hat, aber die meisten verstehen, dass es nicht an uns liegt.“ Manche Eltern überlegen angesichts der knappen Bestände, gleich mehr Medikamente kaufen, wenn diese gerade verfügbar sind. Aber solche Hamsterkäufe lässt Magnus Albrecht nicht zu: „Es gibt schließlich noch andere, die die Medikamente auch brauchen“, sagt er.

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