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Landeshauptstadt: Der untypische Wohnsitz

Ein Haus mit bewegter Geschichte und Zukunft: Die Villa Menzel soll wieder ein Schmuckstück der Berliner Vorstadt werden

Ein Haus mit bewegter Geschichte und Zukunft: Die Villa Menzel soll wieder ein Schmuckstück der Berliner Vorstadt werden Von Jörg Isenhardt Aus den zerbrochenen Fenstern weht die Plastikfolie. Der Putz bröckelt. Große Flecken rohen Mauerwerks sind den Kräften der Natur schutzlos ausgeliefert. Noch ein Jahr, zwei weitere harte Winter und das Haus wird wohl verloren sein. „Dann müssen sie die Menzelstraße 15 wirklich abreißen“, sagt ein Nachbar. Er kommt aus dem Baugewerbe und weiß wovon er spricht. Doch soweit wird es wahrscheinlich nicht kommen. Im Frühjahr ist endlich Baubeginn. Dann wird der bald ein Jahrzehnt währende Dornröschenschlaf dieses Hauses ein Ende haben. Die Villa Menzel mit ihrem hervorstehenden Erkerturm, in der Mitte der Menzelstraße gelegen, soll bis Frühjahr 2006 ihre Wandlung vom „hässlichen Entlein zum schönen Schwan“ vollzogen haben. Das ist der Plan der ausführenden Architektenfamilie Werner Behrens. Damit wird ein kleines aber feines Randkapitel Potsdamer Stadtgeschichte weitergeschrieben. Die damalige Villa von Bredow, in dem Buch „Die Berliner Vorstadt - Geschichte und Architektur eines Potsdamer Stadtteils“ von Sabine Bohle-Heitzenberg und Manfred Hamm als „ein typischer Wohnsitz des alten Potsdamer Adels“ beschrieben, kann auf eine völlig untypische aber umso bewegtere Historie verweisen. Schon die Lage des Grundstücks sorgt für die erste Besonderheit. Eine niemals gebaute Durchgangsstraße zwischen der heutigen Menzelstraße 15 und der Nummer 14 sorgte dafür, dass diese beiden Häuser mit ungewöhnlicher Straßen- und Seitenfront versehen wurden. Während der repräsentative Eingang des Nachbargebäudes forsch auf die fehlende Straßenecke, den heutigen Garten, hinausgeht, erhielt die Villa Menzel deshalb ihren unverwechselbaren Turm. Im Jahre 1898 vom Architekten Carl Enders erbaut, wurde das Haus 1919 von der Familie von Bredow gekauft und bereits 1929, dem Bauhaus-Stil folgend, auf modern getrimmt. Dieser für die Berliner Vorstadt außergewöhnliche Umbau beraubte die Villa ihres gesamten Schmucks. „Das hat unsere Mutter so gewollt“, sagt Gräfin Diana Saurma, die als Tochter der damaligen Hausherrin, Hannah von Bredow, allerdings lieber den „märchenhaften Charme des alten Hauses“ erhalten gesehen hätte. Die politische Grundhaltung der Mutter war es, die dafür sorgte, dass unter der Naziherrschaft in den 30er und 40er Jahren das Haus laut Bohle-Heitzenberg/Hamm ein „wichtiger Treffpunkt des Widerstands gegen Hitler“ wurde. Wie auch in anderen Liegenschaften der von Bredows, haben sich hier dem Nazi-Regime kritisch gesonnene Offiziere und Diplomaten die Klinke in die Hand gegeben. Unter anderem sei Werner von Haeften, bis zuletzt Adjutant des Obersten von Stauffenberg und damit direkt am geplanten Hitlerattentat beteiligt, öfter im Hause zu Gast gewesen. Das berichtet Gräfin Saurma, welche die Gäste, nach eigener Aussage, noch persönlich begrüßt hat. Nach dem Krieg diente die Villa dann, zusammen mit anderen Häusern der Menzelstraße, dem Russischen Soldaten-Sender „Wolga“ als Sitz und wohl auch Studio. In den Wirren nach der Wende und dem Abzug der Russen verkam das Haus zunehmend und wurde den von Bredows rückübertragen, die es an eine Immobilienfirma veräußerten. Es folgte eine Zeit in der das Haus als Spekulationsobjekt diverser Immobilienfirmen gedient haben soll, wie die Nachbarn vermuten. Sicher ist, das die Eigentümer häufig wechselten. Doch das ist inzwischen Geschichte, der jetzige Investor, die renommierte Baufirma „HEINS BAU“, hat offenbar Großes mit dem Haus vor. Ein gänzlich neuer Anbau mit zwei Terrassen, großzügige Rasenflächen, ein Spielplatz und einige Parkmöglichkeiten sollen hier entstehen. Ein bereits existierender Anbau im Rücken des Gebäudes werde, da „kaputtgefroren“, im Frühjahr abgerissen, so Normen Behrens, Juniorchef des Architekturbüros. Bei all dem Wandel, ist eines aber immer konstant geblieben: Die Farbe. Einstmals in dezentem Preußisch Gelb erbaut, dann für den Soldaten-Sender in ein kräftiges Ockergelb getaucht, soll das Haus nun mit einem pastellartigen, hellen Sandton versehen werden. „Etwas anderes hätte der Denkmalschutz auch gar nicht zugelassen“, sagt der Architekt. Gegen den neuen, durch ein funktionales Treppenhaus vom Altbau getrennten Anbau hat der Denkmalschutz auch nichts einzuwenden. Das mag daran liegen, dass der neue Gebäudeteil sich stilistisch stark an das alte Gebäude anlehnen wird. Insgesamt 1 370 Quadratmeter reine Wohnfläche werden in dem Anwesen auf sieben hochwertige Wohnungen verteilt. Jeweils zwei Einheiten, sowohl im Alt- wie im Neubau sind noch zu haben, sagt Petra Winzler von „Klassik-Immobilien“.

Jörg Isenhardt

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