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Landeshauptstadt: „erinnert an Arme-Leute-Leben“

Vor 65 Jahren wurde Babelsberg – das frühere Nowawes – nach Potsdam eingemeindet

Vor 65 Jahren wurde Babelsberg – das frühere Nowawes – nach Potsdam eingemeindet Babelsberg. Der Oberpräsident der Provinz Brandenburg, Hinze, hat verfügt, dass die Villenkolonie Neubabelsberg am Griebnitzsee mit Wirkung vom 1. April 1938 in die Stadt Nowawes eingemeindet wird. Als Bürgermeister Kaeding diese Nachricht erhielt, musste er schnell einen „Betriebsappell" ansetzen, wozu sich die Räume des Polizei-Erholungsheimes „Kurmark" in der heutigen Karl-Marx-Straße gut eigneten. Dort erfuhren alle Amtsmitarbeiter, wann die Türen des erst dreißig Jahre alten Rathauses am Johann-Strauß-Platz geschlossen werden und dass der Bürgermeister seinen Abschied nimmt. Ganz neu war das Beratungsthema dieses Tages nicht: Bereits im Juni 1927 hatten die Regierungsparteien im Preußischen Landtag (SPD, Zentrum, Demokraten) einen gemeinsamen Ur-Antrag zur Eingemeindung von Neubabelsberg gestellt, weil es mit den Grundstücksgrenzen, wie in der Domstraße, so arg durcheinander ging. 12 Jahre später war die Zeit dafür reif, aber mit neuem Hintergrund: „Die durch die Fusion entstehende neue Gemeinde wird Babelsberg heißen“, so die Mitteilung des Provinz-Oberpräsidenten. „Endlich kann der Name Nowawes getilgt werden. Er klingt so slawisch, erinnert an Arme-Leute-Leben und an fehlendem Respekt vor der Obrigkeit.“ Das passe nicht ins Dritte Reich. Wozu ja auch die damalige Wirtschaftsentwicklung passte: Die Ufa-Filmstadt war mit dem Namen Babelsberg bereits über Landesgenzen hinaus bekannt geworden, ebenso die 1913 errichtete Sternwarte und manche Betriebe. Natürlich wirkt die Zeremonie mit der Namensgebung wie ein geplantes Vorspiel für die nächste Etappe der Eingemeindung. Am 1. April 1939 war es so weit: Babelsberg wurde Potsdam angegliedert. 65 Jahre ist das nun her und eigentlich ein runder Jahrestag". Also ein Grund für Erinnerungsveranstaltungen? Der so rührige Förderkreis „Böhmisches Dorf Nowawes und Neuendorf e.V" sah keinen Anlass, denn er hat doch die Heimatgeschichte längst gründlich aufgearbeitet und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Pfarrer Flade von der Evangelischen Kirchengemeinde Babelsberg äußerte sich ähnlich und verweist auf ein reiches Arbeitsfeld mit kirchlichen Bauten und Liegenschaften. Nachdrücklich bekräftigen sie die Feststellung, die Rainer Baatz vom Stadtkontor Babelsberg trifft: „Es hat sich hier soviel Eigenständiges erhalten, alte Traditionen bleiben lebendig“. Darüber wird er heute Abend bei einer Veranstaltung im Museumsgebäude in der Benkertstraße im Holländischen Viertel plaudern. Es ist ein guter Rahmen dafür, denn das Potsdam-Museum hat hier mit über 500 Ansichtskarten eine schöne Zeitreise durch die Geschichte der einstigen Werbekolonnie Nowawes gestaltet, die sich um 1750 „böhmisches Etablissement bei Potsdam" nannte und 60 Jahre später dem Kreis Teltow zugeordnet wurde. Von dort erhielt sie im Jahre 1924 das Stadtrecht. Beim Zusammengehen mit Neubabelsberg unter Bürgermeister Curt Benz im Jahre 1938 zählte Nowawes gut 22 000 Einwohner. Eingemeindungen aus wirtschaftlichen Gründen waren und sind immer wieder mal aktuell und sinnvoll. Weshalb Nowawes schon im Jahre 1907 auch mit Neuendorf zusammen ging. Jo

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