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Kultur: Absage an James Bond Kunst erhalten

Wie der deutsche Schauspielstar Jürgen Vogel im Filmmuseum für gute Stimmung sorgte Ausstellungen der Schlösserstiftung in 2006

Total ausverkauft. Kein Platz mehr frei am Donnerstagabend im Filmmuseum, die Leute sitzen auf dem Boden, stehen an den Seiten, um Jürgen Vogel zu sehen. Man ahnt, dass sich das lohnt, dass der Star des jungen deutschen Films – dem das Museum in diesem Monat eine Retrospektive gewidmet hat – Dinge sagen könnte, die Spaß machen, und anders herum gedacht sind als üblich. So kennt man den Schauspieler aus Talkshows. So hat man ihn unlängst bei Harald Schmidt erlebt, als er fröstelnd über die Sparmaßnahmen des Senders gelästert hat. Und wie erwartet hat Jürgen Vogel wieder einmal einen ziemlich guten Tag.

Nachdem er sich es sich mit Dorett Molitor vom Filmmuseum erst einmal auf dem Bühnenrand gemütlich macht (hinter dem Tisch vor der Leinwand fühlt er sich wie auf einer Schulbank), braucht er nicht mehr als Stichpunkte, um seine Filmanekdoten auszupacken, die er mit viel Körpersprache eher vorträgt als erzählt. Zur Einführung rattert Dorett Molitor seine Biografie in Kurzform runter: geboren 1968 in Hamburg, Kinder-Modell für Otto-Versand, mit 15 für den Film entdeckt, Münchner Schauspielschule geschmissen, Berlin, Gelegenheitsjobs, Kinodurchbruch mit „Kleine Haie“, inzwischen fast 60 Fernseh- und Kinofilme, lebt mit Familie in Wilmersdorf, vier Kinder.

Und Jürgen Vogel? Der lacht, findet es komisch, sein Leben im Zeitraffer vorbeirauschen zu hören. Er könnte viel zu den einzelnen Stationen erzählen. Bei „Gelegenheitsjobs“ fällt ihm ein, dass er auch in der Küche gejobbt hat und ganz gut kochen kann. Das er in einem Interview gesagt haben soll, dass er am Liebsten „gebrochene Typen und Arschlöcher“ spielt, daran erinnert er sich nicht. Sicher, seine Karriere hat mit einer Reihe krummer Typen angefangen, aber nicht jeder Kriminelle ist in Arsch. Erst einmal ist er doch Mensch. Und als solchen versucht er ihn auch darzustellen. Jürgen Vogel denkt und fühlt sich in die Figur ein, versucht sich zu erklären, warum sie zu dem geworden ist, was sie ist. Nicht, um etwas zu entschuldigen, sondern um etwas zu verstehen, sagt der Schauspieler. Klischeefiguren kann er nicht leiden.

An der Münchner Schaupielschule hat er es nicht länger als einen Tag ausgehalten. Er hat schnell gemerkt, dass das nichts ist für ihn. Er hatte keine Lust zum Fechten Strumpfhosen anzuziehen oder in der Rolle „Alter Mann“ um einen Stuhl zu laufen. Am nächsten Tag angerufen und sich abgemeldet, aus familiären Gründen. „Bei Schauspielschulen geht es bis heute viel darum, die Schauspieler zu manipulieren, sie zu neutralisieren, damit sie gesichtslos jede Figur ausfüllen können“, sagt der Autodidakt.

Er erzählt von „Keine Lieder über Liebe“. Bis zu 20 Stunden täglich hat er mit Heike Makatsch und Florian Lukas vor der Kamera gestanden – und das dreieinhalb Wochen lang. „Horror“ und „ziemlich geil“ fand er das. Vogel als Sänger, das hat ihm am besten gefallen. Ein halbes Jahr proben mit den Bands, so gut hat er sich noch nie auf eine Rolle vorbereitet, sagt er. Wenn es passt will er mit den Musikern von Tompte und Kettcar, die beim Film dabei waren, mal wieder rauf auf die Bühne.

Ob er Lust hätte, international zu arbeiten? Nicht besonders, sagt er. Es ist ihm nicht genug nur einmal durchs Bild zu huschen oder sich nach fünf Minuten abknallen zu lassen. Er hat sogar mal ein Angebot für einen James Bond Film gekriegt. Als Assistent von dem Bösen. Das hat er aber dankend abgelehnt. James Bond selbst zu spielen hätte Jürgen Vogel aber ganz okay gefunden.

Am 13. Februar hat auf der Berlinale sein neuer Film „Der freie Wille“ Premiere. Er spielt darin einen Sexualstraftäter, der nach neuneinhalb Jahren Knast wieder nach draußen kommt, sich verliebt und dann doch nicht die Kurve in ein normales Leben kriegt. Wieder mal ein gebrochener, menschlicher Typ.

Sanssoucis Kastellane können aufatmen: Blieb 2005 durch die Konzentration der Ausstellungen und Veranstaltungen auf das 300-jährige Charlottenburg so mancher Besucher aus, spielt Potsdam im neuen Jahr wieder die erste Geige.

Mit Spannung wartet das Publikum auf die Hauptausstellung „Marmor, Stein und Eisen bricht ... Die Kunst zu bewahren“, die am 25. Juni in der Orangerie des Neuen Gartens eröffnet wird. Hier und an rund 20 Nebenschauplätzen von der Neptungrotte bis zum sonst geschlossenen Schloss Babelsberg können die Besucher miterleben, mit welch aufwändigen und oft raffinierten Methoden die Restauratoren der Stiftung historischen Wandfassungen, Gemälden, Skulpturen, Möbeln oder Uhren alten Glanz zurückgeben. Gleichzeitig wird der dafür erforderliche immense (auch finanzielle) Aufwand deutlich. Im Programm finden sich neben Vorträgen auch unterhaltsame Veranstaltungen im Rahmen der Potsdamer Hofkonzerte, wie „getanzte Bildnerei“ oder einen musikalisch-akrobatischen Spaziergang zu Skulpturen im Park .

Im Jubiläumsjahr 2006 wird auch Karl Friedrich Schinkel nicht vergessen. Ihm ist in der Turmgalerie der Orangerie eine Ausstellung über das von ihm bei Posen gebaute Schloss Kurnik gewidmet (ab 27. Mai). Goethes Besuch in Potdam 1778 wird in den Römischen Bädern ab 14. Mai dargestellt, mit Teilen der von Wilhelm Ogoleit in Landsberg/Warthe (heute Gorzów) zusammengetragenen, zweitgrößten, privaten Goethesammlung, die nach dem Krieg als verschollen galt, nun aber wiederentdeckt wurde.

Ein Schmankerl für die Besucher wird wieder die historische Festtafel, die der Kustos der Porzellansammlung Dr. Samuel Wittwer diesmal im Marmorpalais deckt (ab 15. Mai). Dafür hat er ein für König Friedrich Wilhelm II.1796 angefertigtes Speiseservice ausgewählt.

Sonderführungen, Konzerte und Vorträge der Stiftung stehen auch 2006 wieder auf dem Programm. Während der gestrigen Jahrespressekonferenz wies Generaldirektor Prof. Hartmut Dorgerloh besonders auf die Spezialführungen hin, in denen leitende Mitarbeiter dem Publikum einen Blick hinter die Kulissen öffnen: Sie waren 2005 so erfolgreich, dass sie auch in dieser Saison fortgesetzt werden sollen. Erhart Hohenstein

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