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Potsdam-Mittelmark: Guter Rat vom Rad

Bürgernähe und Überraschungseffekt – Werders Polizisten treten erfolgreich in die Pedale

Bürgernähe und Überraschungseffekt – Werders Polizisten treten erfolgreich in die Pedale Von Kirsten Graulich Werder – Flink biegt eine Radfahrerin in die Bernhard-Kellermann-Straße ein, als sie die zwei Radler in Uniform auf der Eisenbahnstraße kommen sieht. „Das hätte jetzt 15 Euro gekostet", erklärt Polizeiobermeisterin Jaqueline Pausenmann und schaut der Radlerin nach. Die Frau tritt kräftig in die Pedale und entschwindet zwischen parkenden Autos. Radeln auf der falschen Fahrbahnseite gehört zu den häufigsten Verkehrsvergehen, denen die junge Polizistin auf ihrem täglichen Streifendienst per Rad begegnet. Einholen kann sie die Radlerin nicht, aber sie setzt auf den erzieherischen Effekt. Auch ihr Kollege, Polizeiobermeister Mario Rieger, bestätigt, dass diese neue Form der polizeilichen Präsenz – in Werder gibt es sie seit knapp einem halben Jahr – sehr wirksam ist. Auf dem Rad habe man einfach einen anderen Blickwinkel. So erleiden die Polizisten oft die gleichen Schikanen wie alle anderen Radfahrer auch, haben allerdings die Möglichkeit schneller einzugreifen, wenn beispielsweise der Radweg zugeparkt ist. Dann steigen sie nur kurz ab und schieben ein Knöllchen unter den Scheibenwischer. Auch der Autofahrer, der wenige Minuten später auf dem Radweg der Eisenbahnstraße hält, ist überrascht über die beiden Radlerpolizisten. Er wollte nur seine Mutter vor ihrer Haustür absetzen, sagt er und hat Glück, denn er kommt diesmal noch mit einer Belehrung davon. Auf ihrer täglichen Radtour durch Werders Innenstadt legen die Beamten täglich bis zu 50 Kilometern zurück. Häufig werden sie dabei auch von Bürgern angesprochen. Manche fragen nach dem Weg, andere wollen einen Rat oder ein Problem loswerden. Erste Erfahrungen zum Projekt der Polizei-Radstreifen schilderte im gestrigen Pressegespräch der Leiter der Polizeiwache Werder, Hans-Jürgen Senger: „Die drei Beamten sind mit dem Rad viel näher am Bürger dran" Auch Gespräche kommen meist eher zustande als mit Beamten im Streifenwagen, die erst die Scheiben runterkurbeln müssen. Ihren Dienst per Rad versehen sie zum Teil an Orten, an die Polizisten mit dem Auto nicht kommen würden wie beispielsweise in Kleingartenanlagen. Zudem sind sie wendig, leise und oft schneller als die Kollegen im Polizeiwagen mit Blaulicht und Martinshorn. Am Aufgabenfeld der Polizisten hat sich jedoch nichts verändert, betont Senger und legt Wert darauf, dass die Kollegen sich selbst für den Dienst per Rad entschieden haben. „Das muss von innen heraus kommen, ohne Druck und Zwang“. In zwei Schichten wird Dienst gefahren, allerdings ist das auch wetterabhängig. „Bei Glatteis und Minusgraden schicke ich keinen mit dem Rad raus“, sagt Senger. Die Resonanz in der Bevölkerung sei gut, 50 Prozent würden sie zwar noch belächeln, aber von den anderen 50 Prozent käme Beifall, berichtet Polizeiobermeister Rieger, der als „Vorradler“gilt und bereits seit Februar Streife fährt. Sogar eine Festnahme gelang ihm schon per Dienstrad. Manches gestalte sich auch schwierig, erzählt Polizeihauptmeister Ralph Heinrich, der Dritter im Bunde der Radstreife ist: „Muss eine Anzeige aufgenommen oder ein Verkehrsunfall bearbeitet werden, kann es leicht passieren, dass man mit fliegenden Blättern kämpft. Dann ist es besser, einen Streifenwagen zu rufen." Trotzdem bleibt das Fazit nach knapp einem halben Jahr: Die Radstreifen profitieren von der Bürgernähe und vom Überraschungseffekt.

Kirsten Graulich

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