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Potsdam-Mittelmark: Wer den Wasserschaden hat

Millionenkosten durch schlechte Rohre im Rehgraben: Manche Anwohner klagen – andere haben resigniert

Millionenkosten durch schlechte Rohre im Rehgraben: Manche Anwohner klagen – andere haben resigniert Nuthetal - Es fing oft ganz unscheinbar an, mit einem Wasserfleck auf der Tapete. Doch da war es eigentlich schon zu spät. Zu dem Zeitpunkt hatte sich hinter der Wand das Wasser schon ausgebreitet, nachdem es durch viele kleine Löcher in der Leitung gedrungen war. Manche hatten Pech und waren im entscheidenden Moment gerade nicht zu Hause. Als sie zurückkamen, stand das Souterrain unter Wasser. So hat es sich im Rehbrücker Wohngebiet am Rehgraben in den letzten Jahren einige Male abgespielt. Für die Schäden ist bislang niemand aufgekommen. Die ersten Probleme traten Ende der 90er Jahre auf, da waren die betroffenen Häuser gerade ein paar Jahre alt. Man hatte Wasserrohre aus verzinktem Stahl verwendet, und zwar offenbar „von besonders schlechter Qualität“, wie ein Anwohner sagt. Zudem vertrug das Material die Zusammensetzung des hiesigen Wassers nicht. Irgendwann hätten sie ausgesehen „wie ein Schweizer Käse“. Manfred Klemm ist einer der Bewohner. Wie alle der rund 500 Wohnungsbesitzer im Rehgrabengebiet gehört er einer Eigentümergemeinschaft an, seine hat über 100 Mitglieder. Sie haben die Rohre schon vor einigen Jahren auswechseln lassen, Klemm hat das 20 000 Euro gekostet. Pech für ihn, dass der Investor „Greuzinger und Partner“ inzwischen in Insolvenz gegangen war. Die Firma heißt heute „Gesellschaft für urbanes Bauen GmbH“ und wird abgewickelt. An Haftungsansprüche ist nicht mehr zu denken. Zumindest nicht von dieser Seite. Und auch nicht von der ausführenden Baufirma, denn die ist ebenfalls insolvent. Aber dann gab es noch die Bank. „Die haben Greuzinger damals als absolut vertrauenswürdig empfohlen“, sagt Klemm, der Jurist ist und dem Verwaltungsbeirat angehört. Trotz des ganzen Ärgers schildert er den Fall in aller Ruhe, als würde er einen Klienten vertreten. Aber hinter der Ruhe verbirgt sich Hartnäckigkeit. Seine Mietergemeinschaft prozessiert zurzeit gleichzeitig gegen die Bank und das Planungsbüro. Dabei hat allein die Vorbereitung des Verfahrens, die Durchforstung der Aktenberge, Zehntausende Euro gekostet. Gegen das Planungsbüro haben die Eigentümer vor dem Oberlandesgericht nun einen Sieg errungen, der zumindest die Kosten wieder wettmachen könnte. Allerdings wird die Sache noch in der letzten Instanz vor dem Bundesgerichtshof verhandelt werden. Das Verfahren gegen die Bank ruht zurzeit. Klemm hofft, dass ein Sieg gegen das Planungsbüro sich günstig auf dieses Verfahren auswirken könnte. Klar ist allerdings: Zu mehr als einem Bruchteil der entstandenen Kosten wird keiner der beiden verurteilt. Manche der Betroffenen glauben immer noch, dass der wahre Schuldige ohnehin nicht mehr zu belangen ist. Dass nämlich Greuzinger und Partner ganz bewusst auf den Abgrund zugesteuert worden sei. Martin Klemm bremst hier aber: „Ich kann keine juristischen Unregelmäßigkeiten erkennen.“ Andererseits gebe es da schon eine Grauzone, Unternehmen hätten gewisse Möglichkeiten, „das Verlustrisiko solidarisch zu verteilen“, sprich: auf die Schultern der Käufer. Doch gibt Klemm auch hier zu bedenken, dass Greuzinger die Krise auf dem Immobilienmarkt nicht habe vorhersehen können. Die Preise sind im Keller, zwei Baufelder bis heute leer. Klemm ist nicht der einzige Jurist im Rehgraben. Jens-Hagen Schneider hat eine Kanzlei im Ort und gehört zu einer andern Eigentümergemeinschaft. Deren Häuser sind weniger stark betroffen, es habe erst einen Rohrbruch gegeben. Mit dem braunen Wasser findet man sich bis auf weiteres ab. Was den Klageweg anbetrifft, hat man sich dagegen entschieden – nach ausführlicher Prüfung: „Die Kosten des Verfahrens sind einfach zu hoch.“ Er verstehe schon, dass das nicht dem Rechtsempfinden der Menschen entspreche, sagt Schneider, runzelt die Stirn und denkt einen Moment nach. „Das liegt eben daran, dass dieser Fall hier wahnsinnig kompliziert ist.“ Volker Eckert

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