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INVESTOREN IN DER FUSSBALL-BUNDESLIGA Klubs diskutieren einen Einstieg und mögliche Risiken: Finanzielle Grenzgänger

Wie Hannover Geldgeber locken und der FC Bayern Gehälter kappen will

Berlin - Es sind nur 14,58 Prozent. Und die kosten 110,75 Millionen Euro. Diese Summe war es dem russischen Milliardär Alisher Usmanow wert, um mit seiner Firma „Red and White“ in dieser Woche bei Arsenal London einzusteigen. Und es soll erst der Anfang sein, weil Usmanow am liebsten bald alles übernehmen würde. Damit wäre der nächste englische Topklub in der Hand eines Investors. Zehn Geldgeber haben sich bereits die Mehrheiten an englischen Klubs gesichert. Der berühmteste ist Roman Abramowitsch, der 2003 beim FC Chelsea eingestiegen ist und den Verein samt Schulden aufgekauft hat. Das meiste Geld hat bisher Malcolm Glazer investiert. Allein für den Kauf von Manchester United zahlte er rund 1,1 Milliarden Euro (siehe Grafik).

Martin Kind kann von diesen Summen nur träumen. Zu gerne würde der Präsident des Fußball-Bundesligisten Hannover 96 einen Investor in seinen Verein holen. Interessenten gebe es, nur wollten die sich zu mehr als 15 Prozent am Verein beteiligen. Doch in den Statuten der Deutschen Fußball-Liga (DFL) verbietet die so genannte „50 plus 1“-Regel, dass ein Verein die Mehrheit seines Klubs verkaufen darf. Das heißt, der Verein muss mindestens 51 Prozent an der als Kapitalgesellschaft ausgegliederten Fußballabteilung besitzen. Weniger darf veräußert werden. So hat der FC Bayern zehn Prozent seiner Anteile an der FC Bayern AG an den Sportartikelhersteller Adidas verkauft. Die Regel soll verhindern, dass der Verein die Entscheidungshoheit verliert. „Es ist doch aber klar, dass derjenige, der Kapital gibt, auch Einfluss auf Entscheidungen haben will“, sagt Kind gegenüber dem Tagesspiegel am Sonntag. Er plädiert für eine Abschaffung dieser Regel. „Ich habe DFB und DFL gebeten, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen“, sagt Kind, der dringend Handlungsbedarf sieht. „Fußballvereine sind heutzutage nunmal Wirtschaftsunternehmen, die Wachstum brauchen. Wenn wir das nicht haben, steigen wir wieder ab“, prognostiziert er. Nur um Wachstum zu generieren, muss investiert werden, in Spieler und Infrastruktur. Doch dafür fehlt Hannover mit einem Etat von rund 40 Millionen Euro das Geld. „Ich sehe keinen anderen Weg als eine Kapitalerhöhung“, sagt Kind.

Die DFL ist dem Bitten, sich mit der Regel auseinanderzusetzen, inzwischen nachgekommen. Auch die Vereine signalisierten Gesprächsbereitschaft. Eine Abschaffung kommt laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft „Ernst & Young“ jedoch nicht in Frage. Auch DFL-Vizepräsident Harald Strutz ist skeptisch: „Ich sehe im Moment keine Tendenz, von dieser Regelung abzurücken.“ Er warnt davor, den gleichen Weg zu gehen wie in England und die Kontrolle noch weiter aus der Hand zu geben.

Thomas Kupfer, Sportökonom und Unternehmensberater, kann die Argumente von Kind nachvollziehen. Auch er hält die Regel für unnütz. Ein Segen seien Investoren aber nicht immer: „Investoren sind gute Partner, wenn sie sportliche und wirtschaftliche Ziele verfolgen, aber nicht, wenn sie nur auf kurzfristigen Gewinn aus sind.“ Die Sorge, dass Vereine die Kontrolle verlieren und am Ende, wenn der Investor sich zurückzieht, auf Schulden sitzen bleiben, sieht Kupfer auch. „Aber dafür braucht man die Regel nicht, man kann auch anderweitig Vetorechte definieren.“ Die Regel sei sogar eher hinderlich, weil auch Unternehmen abgeschreckt würden, die aus dem regionalen Mittelstand kommen und deren Engagement sinnvoll wäre.

Der FC Bayern ist gegen die Abschaffung der Regel. Aber auch Deutschlands führender Klub sorgt sich um die Wettbewerbsfähigkeit – international. An die Finanzkraft englischer, spanischer oder italienischer Klubs kommt Bayern nicht heran. Auch wegen der geringeren Fernseheinnahmen. „Das führt zu einem Ungleichgewicht in Europa“, gibt Thomas Kurth, Generalmanager der G14, einem Zusammenschluss der 14 größten europäischen Klubs, zu. „Aber manche Realitäten muss man akzeptieren“, sagt Kurth.

Die Bayern streben nun andere Lösungen an. Keine neuen Investoren, aber Gehaltsobergrenzen können sie sich vorstellen. Diese wurden auch in einem Strategiepapier der Europäischen Fußball-Union (Uefa) angeregt. Die Europäische Union sollte sich ebenfalls dafür stark machen. Doch im „Weißbuch Sport“, das vor wenigen Wochen von der EU-Kommission vorgestellt wurde, werden Obergrenzen nicht erwähnt (siehe Interview).

Mit solchen Grenzen können auch Investoren in ihren Möglichkeiten eingeschränkt werden. Die G 14 hat ein Modell entwickelt, das den Vereinen empfiehlt, nicht mehr als einen festgelegten Prozentsatz des Etats für Gehälter auszugeben. Im Moment würden sich laut G 14-Manager Kurth nur zehn der 14 Vereine daran halten. Die Glazers dieser Fußballwelt hat dieser Vorschlag noch nicht überzeugt.

Jan Figel, 47, ist EU-Kommissar für Bildung, Kultur und Jugend. Er hat federführend das „Weißbuch Sport“ erarbeitet, in dem der Zustand des europäischen Sports beschrieben wird.

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