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Wirtschaft: Energiewende ohne Plan

BDI-Chef Grillo attackiert die Bundesregierung.

Berlin - Die Industrie schießt sich ein auf das bisherige Management der Energiewende und positioniert sich für die Zeit nach der Bundestagswahl. In einem Schreiben an ein paar Hundert Spitzenmanager und Unternehmer klagt BDI-Präsident Ulrich Grillo über „die neue Architektur der Energieversorgung ohne Architekt, ohne Bauplan und ohne Bauleitung“. Über der Industrie sieht Grillo ein „Damoklesschwert“ schweben, da weitere Belastungen im Zusammenhang mit steigenden Energiepreisen drohten. Aufgrund der deutschen Energiepolitik würden „28 Prozent der großen Unternehmen vermehrt Investitionen jenseits der Grenze planen“, schreibt Grillo in einem „Executive Letter“ an die Verbands- und Unternehmensspitzen, der dem Tagesspiegel vorliegt und mit der Überschrift versehen ist: „Energiewende: Ja, aber jetzt endlich richtig.“

Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie findet jede zusätzliche Belastung „extrem gefährlich“. „In einem großen Kraftakt“ hätten sich die Unternehmen in den vergangenen Jahr „fit gemacht für den globalen Wettbewerb“. Mit der „heftigen Belastungsprobe“ durch die Energiewende werde nun die Wettbewerbsfähigkeit „stark beeinträchtigt“. Von den größeren Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro befürchte „jedes zweite eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit“. Die immer wieder aufkommenden Forderung von Grünen und Umweltverbänden, die Industrie stärker an den Kosten der Energiewende zu beteiligen, belegt in den Augen Grillos „ein erschreckendes Maß an Wirtschaftsferne und ein fahrlässiges Unverständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge“. Zu diesen Zusammenhängen zählt für den BDI-Präsidenten auch der „weltweite Schiefergas-Boom“ der vor allem durch das massive Fracking in den USA ausgelöst wurde. Die Verfügbarkeit des Schiefergases habe nicht nur zu stark sinkenden Energiepreisen in den USA geführt, sondern „stellt massiv die grundlegende Prämisse der deutschen Energiewende in Frage, dass fossil erzeugte Energie sehr schnell viel knapper und viel teurer wird“, meint Grillo.

An der deutschen Politik ärgert ihn vor allem, dass sie nicht mit den Nachbarn abgestimmt sei. „Deutschland agiert im Alleingang.“ Dabei würden 70 Prozent der Befragten des BDI/IW-Unternehmerforums für eine europaweite „Harmonisierung der Förderung erneuerbarer Energien“ plädieren. Von der EEG-Umlage seien im übrigen nur vier Prozent aller Firmen befreit. „96 Prozent bezahlen die volle Umlage – insgesamt Tag für Tag rund 30 Millionen Euro der täglich anfallenden 56 Millionen Euro.“ Der Politik attestiert Grillo Mutlosigkeit, weil sie sich scheue, „das teure Chaos von immer neuen Eingriffen in den Energiemarkt – der längst kein Markt mehr ist – zu entwirren“. Die neue Bundesregierung müsse deshalb „als allererstes für eine echte Kostenbremse, für mehr Effizienz und mehr wettbewerbliche Elemente sorgen“. alf

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