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Wie lange schützt der Rettungsschirm den angeschlagenen Euro?

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Update

Warten auf ESM: Standard & Poor's stuft EFSF herab

Die Herabstufung Frankreichs bringt den provisorischen Rettungsschirm EFSF in Bedrängnis. Er hat nun seine Bestnote verloren, und muss damit voraussichtlich höhere Zinsen bieten. Das könnte die Euro-Rettung erschweren.

Fünfeinhalb Monate sind noch zu überbrücken. So lange dürfen die Finanzmärkte nicht nervös werden, so lange muss die angeschlagene Euro-Währungsunion durchhalten. Dann, Anfang Juli wird der neue europäische Rettungsschirm ESM in Kraft treten – und die Regierungschefs aufatmen lassen. Damit sei man nicht mehr so abhängig von den Ratingagenturen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Die schlechtere Finanznote für Frankreich sieht er deshalb demonstrativ gelassen. „Es gib keinen Handlungsbedarf.“

Allerdings: Am Montagabend hat die Ratingagentur Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit des Euro-Rettungsschirms EFSF herabgestuft. Die Agentur senkte das Rating von der Bestnote „AAA“ auf „AA+“, wie der Fonds in Luxemburg mitteilte. Dieser Schritt war nach der Abstufung - unter anderem von Frankreich - erwartet worden. EFSF-Chef Klaus Regling unterstrich in einer Reaktion die Handlungsfähigkeit des Fonds. Dieser verfüge über ausreichende Mittel, um den Verpflichtungen nachzukommen. Die Bundesregierung hatte bereits vor der Abstufung betont, die Finanzierung des Fonds sei sicher. Es müsse sich nichts am Volumen des Hilfsfonds ändern.

Der Chef der Euro-Gruppe, Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker, erklärte am Montagabend: „Wir nehmen das zur Kenntnis und werden die Folgen der Entscheidung (...) bewerten.“ Juncker hob hervor, dass der EFSF nach „AAA“ noch immer die sehr gute Bewertung „AA+“ habe. Zudem ließen die anderen beiden großen US-Ratingagenturen, Fitch und Moody's, nicht erkennen, etwas an der Top-Bonität des EFSF ändern zu wollen. „Die Entscheidung von S&P wird das Ausleihvolumen des ESFS in Höhe von 440 Milliarden Euro nicht schmälern.“ Der Fonds habe ausreichend Mittel, seine Verpflichtungen zu erfüllen.

Ob tatsächlich bis zum Sommer in Sachen Schuldenkrise Ruhe herrschen wird, ist allerdings sehr unsicher. Zwar reagierten die Finanzmärkte am Montag äußert gelassen auf die Herabstufung Frankreichs und sieben anderer Euro- Staaten durch die Ratingagentur Standard & Poor’s (S & P) vom vergangenen Freitag. Doch die Frage ist, wie Europa reagieren kann, sollten die großen Länder Italien oder Spanien in Zahlungsschwierigkeiten kommen. Denn die Herabstufung Frankreichs bringt den provisorischen Rettungsschirm EFSF in Bedrängnis. „Wenn sich die Situation verschärft, wird es große Probleme geben“, fürchtet Carsten Klude, Chefvolkswirt der Hamburger Bank M. M. Warburg.

Für Hilfskredite von bis zu 440 Milliarden Euro kann der EFSF ausreichen. 250 Milliarden davon sind noch verfügbar, der Rest ist für Hilfen an Irland, Portugal und Griechenland verplant. Die Kredite sollten mit der Bestnote AAA bewertet werden – bislang. Nun aber fällt Frankreich als Top-Schuldner aus, in der Folge wurden die EFSF-Hilfen nun schlechter bewertet und werden damit voraussichtlich höhere Zinskosten verursachen. Eine Alternative wäre es, würden die starken Länder, Deutschland insbesondere, ihren Garantierahmen aufstocken.

Davon aber will die Bundesregierung nichts wissen. Schon jetzt fürchtet sie den Unmut der Wähler, sollten die Deutschen tatsächlich für die Finanznöte anderer Länder zur Kasse gebeten werden. Eine erneute Erhöhung der Garantien würde für noch mehr Streit in der Regierungskoalition sorgen. „Für das, was der EFSF in den nächsten Monaten an Aufgaben hat, reicht die Garantiesumme, die wir haben, bei Weitem aus“, sagte denn auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Montag. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Wochenende ohnehin schon in Frage gestellt, dass die Bestnote für den EFSF nötig ist. Frankreich stellt 158 Milliarden Euro bereit, Österreich 22 Milliarden.

Verliert der Fonds, wie nun geschehen, die Bestnote, muss er nicht nur höhere Zinsen bieten. „Zugleich wird es nahezu unmöglich, seine Finanzkraft zu hebeln“, befürchtet M. M. Warburg-Mann Klude. Genau das wollten die Europäer aber tun, um auch Schwergewichten wie Spanien oder Italien genügend Geld leihen zu können. Zwar mussten diese Länder Anlegern zuletzt weniger Geld für neue Kredite bezahlen. Dies kann sich aber schon bald ändern. „Entscheidend sind die nächsten Konjunkturdaten“, urteilt Klude. Sollte Spanien oder Italien in eine tiefe Rezession schlittern, werde das Zinsniveau wieder stark steigen, und Rom und Madrid müssten wieder deutlich mehr Geld für ihre Kredite bezahlen. Auf Dauer könnte sie das an die Grenze ihrer Zahlungsfähigkeit bringen.

Nur einer könnte dann noch helfen: die Europäische Zentralbank (EZB). Bereits im Dezember hatte sie den Banken fast eine halbe Billion Euro für drei Jahre und zu geringen Zinsen geliehen. Die Institute kaufen für dieses Geld Staatsanleihen, vor allem deshalb waren die Zinsen zuletzt gesunken. Im Frühjahr will die EZB erneut eine solche Hilfsaktion starten. Wenn alles gut geht, verschafft EZB-Präsident Mario Draghi seinem Heimatland damit genügend Luft zum Atmen.

Reichen muss sie bis zum Juli. Dann kommt der ESM, der dauerhafte Rettungsschirm der Europäer. Er wird neben Garantien über eine Bareinlage von 80 Milliarden Euro verfügen können, finanziert von den Euro-Staaten – Deutschland etwa muss 22 Milliarden beisteuern, finanziert aus Schulden. Dadurch wird der ESM aber auch weniger abhängig vom Gusto der Ratingagenturen. Insgesamt soll der ESM Kredite von bis zu 700 Milliarden Euro vergeben können. (mit dpa)

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