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Wirtschaft: Überzogene Erwartungen könnten den Euro unter Druck setzen

Dem Euro ist an den Börsen ein glänzender Start gelungen.Die Anleger haben sich auf das neue Währungszeitalter eingestellt.

Dem Euro ist an den Börsen ein glänzender Start gelungen.Die Anleger haben sich auf das neue Währungszeitalter eingestellt.Welchen Kurs nimmt der Euro nun? Henrik Mortsiefer fragte Jochen Zimmermann, Direktor der Abteilung Geld-, Devisen- und Rentenhandel der Bankgesellschaft Berlin.

TAGESSPIEGEL: Herr Zimmermann, der überzeugende Auftritt des Euro hat Befürchtungen geweckt, die Währung könnte zu stark im Verhältnis zum Dollar werden und den Export der EU abwürgen.Teilen Sie diese Befürchtung?

ZIMMERMANN: Es ist viel zu früh, um Verläßliches über die relative Stärke des Euro zum Dollar zu sagen.Die Medien haben sich auf dieses Thema gestürzt und die ersten Kursbewegungen am Markt als Euro-Stärke überinterpretiert.Fakt ist, daß sich an den ersten Handelstagen die Marktteilnehmer sehr zurückgehalten haen, um die technische Umstellung ihrer Systeme im realen Betrieb zu überprüfen.Die Umsätze waren demzufolge sehr gering.Die Richtung für den Euro wird man erst in einigen Wochen analysieren können, wenn die Finanzmärkte ihre volle Funktion aufgenommen haben.

TAGESSPIEGEL: Die Nachfrage nach dem Euro ist sehr groß.

ZIMMERMANN: Zumindest bei den ersten Umsätzen.Vermutlich wird es in den kommenden Wochen auch dabei bleiben.Die internationalen Anleger schichten ihre Depots in Teilen auf Euro-Stoxx-Werte um.Das wird den Euro vorerst weiter stärken.Ohnehin fließt traditionell im Januar viel frisches Anlagekapital der Institutionellen auf den Markt.Ob der Hunger nach dem Euro angesichts der mageren Zinsen, die er bietet, von Dauer sein wird, bleibt abzuwarten.

TAGESSPIEGEL: Bei welchem Dollar-Kurs wird sich der Euro einpendeln?

ZIMMERMANN: Der Euro wird in nächster Zukunft zwischen 1,15 und 1,20 Dollar kosten.

TAGESSPIEGEL: Wird der Euro den Dollar als erste Reservewährung ablösen?

ZIMMERMANN: So weit will ich mich noch nicht vorwagen.Euroland ist immer noch ein relativ heterogener Wirtschaftsraum.Die Stabilität der gemeinsamen Währung muß sich erst noch erweisen.Für mich stellt sich die Situation der Weltwährungen so dar: Der Dollar hat als Leitwährung Tradition und ist die Landeswährung einer Weltmacht, der Euro ist die Landeswährung eines großen Wirtschaftsraumes, enthält die D-Mark, eine beliebte Reservewährung der Vergangenheit, und hat den Bonus, neu zu sein, und der Yen ist einstweilen abgeschlagen, weil er Reputation verloren hat.

TAGESSPIEGEL: Glauben Sie nicht, daß der gelungene Vorlauf und Start des Euro bei den Anlegern überzogene Erwartungen geweckt hat?

ZIMMERMANN: Überzogene Erwartungen sind in der Tat das Damoklesschwert, das über dem Euro schwebt.Der alte Kontinent Europa hat zwar bewiesen, daß er es mit dem Euro ernst meint.Und die Mitspieler im Finanzgeschäft haben einen guten Job gemacht.Das alles ist psychologisch wichtig.Die Bewährungsprobe steht aber noch aus.

TAGESSPIEGEL: Was bleibt eigentlich den hartnäckigen Euro-Skeptikern? Der Schweizer Franken?

ZIMMERMANN: Ich kann mir beim besten Willen keine neue Blüte der Schweizer Währung vorstellen.Da die Schweiz nicht zur Euro-Zone gehört, hat sie selbst kein Interesse an einer übertriebenen Stärke des Franken.Zweifellos sind viele Anleger nach den herben Verlusten während der Asienkrise vorsichtiger geworden.Die Philosophie der sicheren Häfen dominiert, wozu auch die Schweiz gezählt werden darf, aber eben insbesondere das Euroland.Engagements in Schweizer Franken sind auch wegen des Niedrigzinses wenig interessant.Die Erwartungen konzentrieren sich auf das Potential des Eurolandes, wobei der niedrige Zins die Aktie zum Favoriten macht.

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