zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Zukunftsfragen der Menschheit: Weniger Geld für mehr Arme

Offiziell ist mit Blick auf die UN-Konferenz über Finanzierung für Entwicklung (FfD) im kommenden Jahr von einer "hochrangigen Veranstaltung" die Rede. Die USA und die Europäische Union (EU) sperren sich, von einer "Konferenz" zu sprechen.

Offiziell ist mit Blick auf die UN-Konferenz über Finanzierung für Entwicklung (FfD) im kommenden Jahr von einer "hochrangigen Veranstaltung" die Rede. Die USA und die Europäische Union (EU) sperren sich, von einer "Konferenz" zu sprechen. Immerhin haben sie ihre grundsätzliche Blockade aufgegeben. Gut ein Jahr vor dem Treffen in New York ist aber klar, dass die Veranstaltung wenig hinter der Bedeutung der großen UN-Konferenzen der neunziger Jahre zurückstehen wird - zumal auch die Weltbank, der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Welthandelsorganisation WTO teilnehmen werden.

Es geht um eine der großen Zukunftsfragen der Menschheit: Wie kann endlich das notwendige Geld für die Überwindung der Armut in den Entwicklungsländern aufgebracht werden? Regierungen und kritische Beobachter stehen noch am Anfang ihrer Vorbereitungen. Klar ist: Es geht nicht nur um die seit Jahren rückläufige öffentliche Entwicklungshilfe, es geht um eine Fülle von Themen. Das macht die Konferenz, die eigentlich schon für dieses Jahr geplant war, zu einer heiklen Angelegenheit. Entsprechend groß ist die Skepsis.

An drei Trends kommt der reiche Norden nicht mehr vorbei: Immer weniger Geld fließt in die öffentliche Entwicklungshilfe. Das Ziel der Industrieländer, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für den Süden bereitzuhalten, gerät mehr und mehr aus dem Blick. 1999 waren es gerade noch 0,24 Prozent. Die privaten Kapitalströme in den Süden erreichten 1999 mit 198 Milliarden Dollar zwar einen neuen Rekord. 95 Prozent entfallen allerdings auf etwa 26 Länder, nur ein Prozent geht an die 48 ärmsten Staaten. Zum dritten haben die Finanzkrisen in Asien, Russland und Lateinamerika die Brüchigkeit des Systems gezeigt und Millionen Menschen in Armut gestürzt.

Der Ruf der in der Gruppe 77 (G 77) zusammengeschlossenen Entwicklungsländer nach einem Krisentreffen wird deshalb immer lauter. Zumal die anderen großen UN- Konferenzen, wie etwa die Umweltkonferenz in Rio 1992, immer einen Bogen um die Frage des Geldes gemacht haben, wie Hans-Peter Schipulle, zuständiger Referatsleiter im Berliner Entwicklungshilfeministerium (BMZ), weiß. Ein Papier von UN-Generalsekretär Kofi Annan, das auf 14 Seiten 87 Empfehlungen für das Treffen auflistet, sieht er als gute Basis für die FfD-Konferenz. Annan will, dass "dieses Treffen zu einem echten Wendepunkt für das Schicksal der armen Länder und aller armen Menschen weltweit führt". Auch Konzerne will der UN-Generalsekretär einbinden. Aus Deutschland hat er Aventis, BASF, Bayer, Daimler-Chrysler, die Deutsche Bank, Gerling und SAP gewonnen.

Die Konferenz steht vor gewaltigen Problemen: Beim Geld sind die Industriestaaten knauserig. Die EU-Staaten haben sich einem strikten Sparkurs verschrieben, der neue US-Präsident will die Steuern senken, um die Konjunktur anzukurbeln. Der riesige Themenkatalog birgt die Gefahr, dass viel diskutiert, aber kaum Konkretes beschlossen wird. Die Entwicklungsländer sollen dafür sorgen, Finanzreserven in ihren Ländern zu mobilisieren. Die G 77 verweist auf die Rahmenbedingungen: Auf den immer noch nicht liberalisierten Welthandel, auf Konzerne, die nur dort Steuern zahlen, wo die Sätze am niedrigsten sind, auf die zunehmende Schattenwirtschaft.

Die Ungleichverteilung der privaten Kapitalströme ist ein weiteres Konfliktfeld, genau wie Regelungen für die Kapitalmärkte. Eine Devisenumsatzsteuer soll Banken und Spekulanten zu maßvollerem Verhalten bewegen und die Finanzmärkte "entschleunigen". "Wir nehmen den Reichen einen kleinen Teil und verteilen das Geld an den Süden", umschreibt Peter Wahl von der Bonner Organisation WEED das Ziel. Dass die FfD-Konferenz überhaupt zustande kommt, werten Kritiker wie auch UN oder BMZ-Experte Schipulle schon als Erfolg. Die Hoffnung auf einen Durchbruch bei der Entwicklungsfinanzierung ist aber begrenzt. "Ein Erfolg ist schwer zu sehen", sagt Reinhard Hermle vom Hilfswerk Misereor. Der Norden werde kein neues Geld lockermachen. "Neue Zusagen wird es nicht geben", sagt Schipulle.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false