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Nummer5

© Cinetext

Roboter: Der automatische Forscher

Erstmals hat ein Roboter neue wissenschaftliche Erkenntnisse entdeckt. Auch wenn es bei diesem neuen Wissen nur um ein Detail aus der Genetik der Bäckerhefe geht - bald könnten Menschen und Maschinen im Labor gemeinsam arbeiten.

Er heißt „Adam“ und den Namen trägt er wohl zu Recht. Denn „Adam“ ist der erste seiner Art: ein Roboter, der unabhängig neues, wissenschaftliches Wissen entdeckt hat. Das jedenfalls behauptet sein Schöpfer, Ross King, im Fachmagazin „Science“ (Band 324, Seite 85).

Wissenschaftler der Universitäten Cambridge und Aberystwyth in Wales haben den Roboter gemeinsam entworfen. Etwa fünf Jahre Entwicklungszeit und eine Million Euro hat Adam sie gekostet. Ihr Ziel war hoch gesteckt: Sie wollten einen echten Roboter erschaffen, der Hypothesen formulieren und diese in Experimenten überprüfen kann.

Der ist jetzt fertig, auch wenn er etwas mehr Platz einnimmt als ein herkömmlicher, menschlicher Forscher: Adam ist etwa fünf Meter lang, drei Meter breit und drei Meter hoch. Er beinhaltet unter anderem einen Tiefkühlschrank, einen Inkubator, in dem bei 30 Grad Celsius Zellen wachsen können, drei Roboterarme, sieben Kameras und drei Computer. Mit diesen Voraussetzungen kann Adam selbstständig an der Bäckerhefe forschen.

„Hefe ist wahrscheinlich das Lebewesen, das wir am besten verstehen“, erklärt King. Das Genom sei schon 1996 entschlüsselt worden. Für jedes der 6000 Gene gebe es außerdem einen Hefestamm, in dem dieses Gen entfernt worden sei. Forscher nennen diese Stämme „Knock-Outs“.

Auf eine ganze Bibliothek solcher Knock-Outs kann Adam zurückgreifen, ebenso wie auf zahlreiche wissenschaftliche Datenbanken mit Informationen zu Genen und Proteinen der Hefe. „Obwohl wir wissen, dass die Hefe bestimmte Enzyme enthält, wissen wir bei manchen nicht, welches Gen für sie codiert“, sagt King. Auf dieses Problem wurde Adam angesetzt.

Unter Rückgriff auf die zahlreichen Datenbanken formulierte er unter anderem die Hypothese, dass ein Protein namens 2A2OA von drei verschiedenen Genen codiert wird. Er konnte diese Hypothese dann selber testen, indem er Hefevarianten aus dem Kühlschrank auswählte, auftaute, sie mit verschiedenen Chemikalien behandelte und ihr Wachstum maß. Das Ergebnis: Die Hypothese stimmt.

Natürlich hat King diese Erkenntnis dann überprüft, ganz altmodisch, mit Pipetten und Petrischalen. Tatsächlich kam er zu demselben Ergebnis wie Adam. „Damit hat das erste Mal eine Maschine etwas Neues über die Welt herausgefunden“, sagt King stolz. Auch wenn es bei diesem neuen Wissen nur um ein Detail aus der Genetik der Bäckerhefe geht, hat King damit etwas Grundlegendes bewiesen: Roboter können selbstständig Experimente entwerfen und ausführen.

Gerade in der Biologie könne das eine große Hilfe sein, glaubt er. „Biologische Systeme sind so komplex, dass ein Mensch sie kaum entwirren kann.“ In einem Kommentar, der die Studie begleitet, weisen die Computerforscher David Waltz und Bruce Buchanan darauf hin, dass schon die Masse an Hintergrundwissen zu einer wissenschaftlichen Frage kaum noch ohne Computer bewältigt werden kann. Zum Thema „Hefe“ findet die Online-Datenbank „PubMed“ zum Beispiel 179 425 Veröffentlichungen.

King sieht in Robotern wie Adam die Zukunft: „In einigen Jahren wird es normal sein, dass Menschen und Maschinen im Labor gemeinsam arbeiten.“ Ganz ersetzt würden menschliche Forscher aber sicher nicht: „Menschen werden immer noch die strategischen Entscheidungen treffen, zum Beispiel, was sich zu erforschen lohnt.“

Aber kann ein Computer auch einen Einstein ersetzen, also originell sein? „Natürlich können Maschinen nur tun, wozu man sie programmiert“, sagt King. Aber man könne sie eben auch programmieren, originell zu sein. „Schauen Sie sich einen richtig guten Schachcomputer an“, sagt King. Der könne auch überraschende, ja schöne Züge machen. Dafür sei aber keine Kreativität verantwortlich, der Computer würde einfach nur mehr rechnen als andere. „Intelligenz hat keine geheime Zutat.“

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