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Studieren und zahlen. Bayern ist eines von zwei Ländern, das an Studiengebühren festhält. Auch wenn Heubisch „immer überzeugter“ ist, dass Gebühren richtig sind, würde er nicht mehr als 500 Euro nehmen.

© TUM

Interview: „Für keine Eliteuni eine rote Karte“

Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch sagt im Tagesspiegel-Interview, warum keine der Eliteunis in der Exzellenzinitiative absteigen sollte - und wie die Wissenschaftslandschaft nach dem Wettbewerb gestaltet werden könnte.

Herr Heubisch, die Bundesregierung will in Berlin die Fusion von Charité und Max-Delbrück-Centrum finanziell unterstützen. Die Rede ist von 60 Millionen Euro pro Jahr. Ist Bayern neidisch?

Nein. Konkurrenz belebt das Geschäft. Absolute Gleichheit wird es in Deutschland sowieso nicht geben. Was ich aber anmahne, ist Qualität. Die Fusion muss einen echten Mehrwert bringen.

Hat Bundesforschungsministerin Schavan schon signalisiert, dass Bayern als Nächstes etwas bekommt?

Es darf hier nicht um die Verteilung von Geldern nach Gutsherrenart gehen. Wir haben aber mit Sicherheit geeignete wissenschaftliche Spitzeneinrichtungen in Bayern und könnten entsprechende Vorschläge machen. Jetzt kommt im Juni ja erst mal die Entscheidung in der Exzellenzinitiative. Was nach 2017 passiert, wenn sie ausgelaufen ist, muss besprochen werden. Ob dann das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ein Vorbild sein kann, werde ich mir genau anschauen. Noch ist es zu früh, um das zu sagen.

Deutlich leichter würden solche Fusionen von Universitäten mit außeruniversitären Instituten, wenn die Verfassung geändert würde. Sehen Sie dafür Chancen noch in dieser Legislaturperiode?

Auf alle Fälle können wir das noch auf den Weg bringen. Ich habe ja den Vorschlag zu Grundgesetzerweiterung des 91b selbst in die wissenschaftspolitische Diskussion eingebracht. Das ist also nicht nur das Interesse des Bundes. Es kommen auch Signale aus anderen Ländern, von Schleswig-Holstein oder Niedersachsen. Es war falsch, dem Bund die institutionelle Förderung von Universitäten bei der Föderalismusreform 2006 zu verbieten. Nun sehen die Länder, was es heißt, dass die außeruniversitären Einrichtungen eine fünfprozentige Etatsteigerung bekommen, nicht aber die Hochschulen.

Müsste nicht auch der Hochschulbau wieder zur Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern werden? Der Bund darf nur noch überregional bedeutsame Bauten fördern.

Das ist ein schwieriges Thema. Bayern schultert im Länderfinanzausgleich schon etwa die Hälfte der Ausgaben. Dann müssen die Länder, die Geld bekommen, eben auch bereit sein, in ihre Hochschulbauten zu investieren. Die Rolle des Bundes sollte sein, Spitzenprojekte zu fördern. Denn international stehen wir in einer ganz starken Auseinandersetzung.

In der Berliner Wissenschaft besteht die Sorge, die Schuldenbremse könnte die Lage im Hochschulbau noch verschlechtern. Denn fortan dürfen die Länder sich auch für Investitionen nicht mehr verschulden.

Sie haben einen sehr agilen Regierenden Bürgermeister in Berlin. Er will, dass Berlin reich und sexy wird. Da gehe ich davon aus, dass Berlin an seinem herausragenden Wissenschaftsstandort die notwendigen Investitionen vornehmen wird. Berlin hat eine unglaubliche Dynamik, die Wissenschaft wird hier wachsen.

Am 15. Juni wird die Exzellenzinitiative entschieden. Halten Sie es wie der ehemalige DFG-Vorsitzende Ernst-Ludwig Winnacker für sinnvoll, die Zahl der Eliteuniversitäten möglichst klein zu halten? Dann müssten mehrere Universitäten den Olymp verlassen.

Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, dass wir einer der jetzigen neun Exzellenzuniversitäten die rote Karte zeigen. Das ist eine ganz einfache Überlegung: Die Exzellenzuniversitäten hatten im Grunde nur wenig Zeit, ihre Projekte umzusetzen. Dass die Politik sich angesichts der beträchtlichen Investitionen nun hinsetzt und sagt: „Du jetzt nicht mehr!“, das kann ich mir nicht vorstellen. Dann müsste es schon eine extreme Enttäuschung gegeben haben, und das glaube ich eigentlich von keiner Universität.

Wolfgang Heubisch (65, FDP) ist seit 2008 Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Bayern. Davor hat er lange Zeit als niedergelassener Zahnarzt gearbeitet.

© dpa

In dem zweistufigen Verfahren bereiten ja die Wissenschaftler die Entscheidung der Politik vor. Womöglich denken die viel elitärer?

Mir ist sehr daran gelegen, dass das ein wissenschaftsgeleitetes Verfahren ist. Ich glaube aber auch, man kann jetzt niemandem die rote Karte zeigen. Aber man hat ja die Möglichkeit, noch drei Universitäten hinzuzuwählen. Es wird natürlich ein harter Prozess und es wird ein erhebliches Gerangel geben. Aber ich kann mir zum Beispiel gut vorstellen, dass Ostdeutschland diesmal eine Exzellenzuniversität bekommt.

Aus politischen Gründen?

Die Wissenschaft muss selbstverständlich im Vordergrund stehen. Andererseits ist Deutschland eben ein föderales System. Wir sind nicht wie Frankreich zentral organisiert. Im Osten ist jetzt ein großer weißer Fleck auf der Exzellenzlandkarte, sieht man von Berlin ab. Das sollte so nicht bleiben. Ich muss auch sagen: Natürlich können Sie ein Maßband an die Wissenschaft anlegen. Aber nach Zentimetern und Millimetern können Sie hier nicht messen. Der eine Experte legt eben mehr Wert auf jene Dinge, der andere auf diese. In der Gesamtschau bin ich absolut sicher, dass wir auch in Ostdeutschland Potenzial für eine exzellente Universität haben.

Bayern hält neben Niedersachsen als einziges Land an Studiengebühren fest. Könnte das ihre Wahlchancen im kommenden Jahr verringern?

Ich bin immer überzeugter, dass Studienbeiträge richtig sind. Jetzt mit dem doppelten Abiturjahrgang rechne ich damit, dass sie 170 Millionen Euro im Jahr bringen. Auf die können die Hochschulen nicht verzichten, weil sie direkt die Studienbedingungen verbessern. Im Grunde zahlen die Studierenden ja auch nur einen kleinen Teil der tatsächlich anfallenden Kosten.

Würden Sie gerne mehr als 500 Euro im Semester nehmen?

Nein. Es bleibt dabei, dass der Staat das Studium im Wesentlichen finanziert.

- Die Fragen stellten Anja Kühne und Tilmann Warnecke.

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