zum Hauptinhalt
Rätselhafte Schönheit: Über die historische Person der Nofretete ist wenig bekannt.

© picture alliance/dpa/Rainer Jensen

Tagesrückspiegel – Heute vor 110 Jahren: „Die Schöne ist gekommen“

Die Büste der Nofretete wurde am 6. Dezember 1912 bei einer Grabung in Ägypten entdeckt. Viel Aufregung um den bunten Fund herrschte damals schon.

Eine Kolumne von Patrick Eickemeier

| Update:

Das alte Ägypten galt schon dem griechischen Geschichtsschreiber Herodot als fremdartiges Wunderland. Die Faszination sollte Jahrhunderte überdauern. Zwar hatte Napoleon für seine Ägyptische Expedition kriegerische Motive. Aber die Entdeckungen der mitmarschierenden Wissenschaftler, wie etwa der als Hieroglyphen-Schlüssel berühmte Stein von Rosetta, lösten in Europa große Begeisterung für die Geschichte des Landes aus.

Anfang des 20. Jahrhunderts erregten archäologische Fundstücke aus Amarna in Mittelägypten, die auf dem Kunstmarkt angeboten und von denen einige für das Berliner Museum angekauft worden waren, breites Interesse – auch wegen ihrer künstlerischen Gestaltung. Sie stammten aus der Zeit des Pharaos Echnaton, der von 1351 bis 1334 v. Chr. in der altägyptischen Stadt Achet-Aton regierte. Dort wollten dann auch deutsche Ägyptologen weitere suchen.

„Mehr Aufregung als vielleicht wünschenswert“

1911 begann der Bauforscher Ludwig Borchardt mit seinen systematischen Grabungen in Amarna. Arbeiterteams gruben unter Anleitung beteiligter Wissenschaftler an mehreren Stellen auf dem Gebiet der vergangenen Stadt und legten Wohnhäuser frei und im Dezember 1912 auch einen spannenderen Fund: Sie waren offenbar auf die Werkstatt eines Bildhauers gestoßen.

Am 6. Dezember 1912 hatte sich adliger Besuch angekündigt: der Prinz Johann Georg von Sachsen und Verwandtschaft. Borchardt verließ den Grabungsort, um die Gäste abzuholen und wird unterwegs benachrichtigt, „dass etwas Gutes herauskommt“. Die Besucher erleben den Fund direkt mit, nach Borchardts Aufzeichnungen herrschte „mehr Aufregung als vielleicht wünschenswert“.

Seit 2009, 85 Jahre nach ihrer ersten Präsentation, wird die Büste im Neuen Museum in Berlin ausgestellt.

© picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Paul Zinken

In der ausgegrabenen Werkstatt, die später dem Bildhauer Thutmosis zugeordnet wurde, legten die Arbeiter erst den Nacken einer Büste mit aufgemalten roten Bändern frei. Dann kamen der untere Teil und die Hinterseite der Königinnenperücke zum Vorschein. Schließlich wurde die bunte Büste herausgehoben und „wir hatten das lebensvollste ägyptische Kunstwerk in den Händen“, schrieb Borchardt.

Das Objekt wurde bei der Fundteilung mit der ägyptischen Altertümerverwaltung der deutschen Seite zugeschrieben und ging in den Besitz des Berliner Unternehmers und Ausgrabungsfinanciers James Simon über, der es 1920 dem Berliner Museum vermachte. 1924 wurde die Büste erstmals der Öffentlichkeit präsentiert, seit 2009 wird sie im Neuen Museum in Berlin ausgestellt.

Über die Person, deren Antlitz damit verewigt wurde, ist bis heute nicht viel bekannt. Nofretete war die Hauptgemahlin Echnatons. Ihr Name bedeutet so viel wie „Die Schöne ist gekommen“. Überlieferte Hinweise auf ihre Herkunft, ihr Familienleben, ihre politische Stellung und ihren Tod sind selten, gesicherte Erkenntnisse gibt es kaum.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false