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Leben zwischen den Toten: Die Kantige Laubschnecke fühlt sich auf Berliner Friedhöfen wohl.

© Katharina C. M. von Oheimb

Schnecke mit weißem Rallyestreifen: Invasives Weichtier erobert Berliner Friedhöfe

Die Kantige Laubschnecke ist ein Neuzugang in der Hauptstadt und fühlt sich besonders auf Friedhöfen wohl. Ursprünglich stammt sie aus dem Mittelmeerraum.

Sie kann nur im Schneckentempo kriechen, und doch erobert sie gerade Europa: Die Kantige Laubschnecke, die aus Italien und dessen Nachbarländern stammt, wurde nun von Berliner Forschenden auch auf Berliner Friedhöfen entdeckt. Laut Daten aus Bestimmungs-Apps kommt das Tierchen aber schon seit 2019 in der Hauptstadt und im Brandenburger Umland vor.

Von ihrem zentimetergroßen Gehäuse setzt sich ein weißes Band ab – darin unterscheidet sich die Kantige Laubschnecke von heimischen Arten, die höchstens mit gelb-braunen Streifen aufwarten können. Nun bereichert Hygromia cinctella, wie die Schnecke wissenschaftlich heißt, den Speiseplan heimischer Nager und Käfer. Das haben die Forschenden Parm und Katharina von Oheimb vom Berliner Museum für Naturkunde anhand von Fraßspuren nachgewiesen, die sie an den Gehäusen fanden.

Wie das Biologen-Duo in der Fachzeitschrift „Mitteilungen der Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft“ schreibt, sammelte es die eingeschleppte Art letztes Jahr bei seiner Forschung auf den Totenäckern der Stadt. Vor allem auf dem Wilmersdorfer Friedhof und auf dem Friedhof in der Buschkrugallee gab es viele Schnecken, „fest etablierte Populationen, mit hohen Individuenzahlen und vielen Jungtieren“, sagt Katharina von Oheimb.

Friedhöfe sind Hotspots

Meist klebten die Tiere auf altem Laub, und die Blätter samt der kleinen Schnecken könnten über kurze Distanzen vom Wind verweht worden sein. Das erkläre aber nicht, weshalb sie in Europa so schnell neue Lebensräume erschließen: „Die aktive Verbreitung durch Kriechen spielt wohl eine vernachlässigbare Rolle“, sagt von Oheimb gegenüber dem Tagesspiegel.

Die Kantige Laubschnecke hält sich gern auf Laub auf.

© imago/Nature Picture Library/imago stock&people

Ursprünglich stammt die Schnecke aus der Region um Italien, Kroatien und Südfrankreich. Von dort eingeschleppt worden seien die Tiere höchstwahrscheinlich von Menschen: durch den Transport von Erde, Pflanzen oder Steinen. Auf Friedhöfen wird besonders viel davon bewegt und in Österreich und Ungarn sind die Schnecken auch zuerst auf diesen städtischen Naturräumen entdeckt worden.

In Deutschland wurden sie zuerst 1995 in Bayern entdeckt. Daraufhin hatte sich die Art vorzugsweise entlang von Flussläufen ausgebreitet, was in Berlin und Umgebung nicht der Fall zu sein scheint, denn im Oberlauf von Spree und Havel sind keine Vorkommen der Schnecken bekannt.

Als Pflanzenschädling spiele die Art keine Rolle, sagt von Oheimb. Berliner Gartenhäusler und Brandenburgische Landwirtinnen können also aufatmen. „Inwiefern sie einen Einfluss auf die anderen in Berlin vorkommenden Landschnecken-Arten hat, bleibt aber abzuwarten.“ Wo das Tierchen bereits seit längerem etabliert ist, seien bislang keine negativen Effekte auf angestammte Weichtierfauna festgestellt worden.

Wer ein Exemplar findet, könne sie auf mollusken.rotelistezentrum.de melden oder mit einer App wie „iNaturalist“ aufzeichnen. So beobachten schon einige „Cititzen Scientists“ den Feldzug der stillen Eroberer.

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