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Forscher Svante Pääbo mit einem Neandertaler-Skelett

© dpa

Nobelpreis für Svante Pääbo : Der Blick in die Vergangenheit ist auch einer in die Zukunft des Menschen

Der erste Nobelpreis 2022 geht nach Leipzig. Was zunächst eher akademisch wirkt, ist so aktuell und relevant wie kaum sonst etwas derzeit.

Ein Kommentar von Richard Friebe

Dem in Leipzig forschenden Schweden Svante Pääbo ist der Medizin-Physiologie-Nobelpreis 2022 zugesprochen worden. Weil seine Forschung als so bedeutend gilt, ist er - was selten ist - diesmal alleiniger Preisträger. Es ist auch ein Erfolg für die deutsche Wissenschaftslandschaft und speziell die Max-Planck-Institute. Dem viel beschworenen Brain Drain - Verlust guter Köpfe in Richtung Ausland – wird hier ein vielfacher Brain Gain entgegengesetzt: Herausragende Forschungspersönlichkeiten aus anderen Ländern werden gewonnen - und bleiben.

Viel wichtiger und relevanter aber ist, dass der Preis für Forschung an Fragen vergeben wird, die sich in eben diesem Jahr so drängend stellen wie lange nicht mehr. Denn letztlich geht es jenseits aller Moleküle und Erbsequenzen darum, was Menschen ausmacht, was es ihnen ermöglicht, auf der Erde erfolgreich zu sein und zu überleben.

Warum hat Homo sapiens - bis heute - überlebt?

Und um die Kehrseite: Was hat Menschen-Spezies einst ins Verderben, ins Verschwinden, ins Aussterben getrieben, den Neandertaler und den Denisova-Menschen etwa?

Was sich aus dieser Forschung immer mehr herauskristallisiert: Der moderne Mensch, wir, Homo sapiens, hat es nicht deshalb so weit gebracht, weil er gut im gegenseitigen Köpfe-Einschlagen war. Das konnten andere Homo-Spezies auch sehr gut.

Er hat es so weit gebracht, weil er wie keine andere Menschen-Art in der Lage war und ist, zu kooperieren, unterschiedliche Kompetenzen zu nutzen, sich auch über lange Distanzen auszutauschen - und immer weiter dazuzulernen.

Auch aus Fehlern. Pääbo selbst ist dafür ein Beispiel: Eine seiner frühen Forschungsarbeiten erwies sich später als Produkt einer Verunreinigung der uralten Erbgutreste, die er untersucht hatte. Der Mensch Pääbo hatte kein Problem damit, dies einzusehen, zuzugeben. Er zog Schlüsse daraus, die letztlich dazu beigetragen haben, dass er heute einer der erfolgreichsten forschenden Menschen des Planeten ist.

Schwerter zu Pflugscharen... oder so ähnlich

Pääbo stammt aus einem Land, das Europa einst mit Krieg und Verwüstung überzog, heute aber eine der friedlichsten, freiesten, wohlhabendsten Gesellschaften der Welt ist. Er stammt aus dem Land des Sprengstoff-Erfinders, der letztlich all sein Geld in Preise steckte, die jene bekommen sollen, die die Welt voran und dauerhaftem Frieden näher bringen.

Anderswo aber scheinen bei den entscheidenden Akteuren gerade irgendwelche Keulenschwinger-Gene wieder durchzuschlagen. Doch auch dort sind sie da, die Anlagen für Kooperationsfähigkeit, Friedenswille, Harmoniebedürfnis und gewaltlose Problemlösungen. Die Sapiens-Gene, die des „wissenden“, einsichtsfähigen Menschen. Der Preis aus Schweden für den Schweden ist auch ein Grund zur Hoffnung, dass diese letztlich die Oberhand behalten.

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