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Ein Ultraschallbild in einer Frauenklinik.

© dpa/ Daniel Karmann

Sterile Entwicklung im Mutterleib: Mikroorganismen besiedeln Menschen erst nach der Geburt

Vor einigen Jahren wurden in der menschlichen Plazenta Bakterien nachgewiesen. Eine neue Studie zeigt nun, dass diese aber nicht auf ein Mikrobiom beim Fötus hinweisen.

Nützliche Bakterien und andere Mikroorganismen besiedeln den Körper einer umfassenden Studie zufolge erst nach der Geburt. Einige frühere Studien hatten dagegen darauf hingedeutet, dass schon Fruchtwasser- und Plazentaproben solche Mikroben enthalten.

Das würde nahelegen, dass bereits Föten ein sogenanntes Mikrobiom haben. Ein internationales Team widerspricht dem nun deutlich: Aufgrund einer multidisziplinären Analyse, die im Fachblatt „Nature“ veröffentlicht wurde, stellte es fest, dass der Mutterleib gewöhnlich doch steril ist.

Unser Mikrobiom, also die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die sich in und auf der Haut, den Schleimhäuten und den Organen befindet, spielt eine zentrale Rolle für unsere Gesundheit - darunter die Verdauung und das Immunsystem. Über ein Immunsystem verfügen bereits Neugeborene - seine Entstehung stellt die Wissenschaft allerdings noch vor Fragen und dabei etwa vor die, wann ein Fötus zum ersten Mal mit Mikroben in Kontakt kommt.

Lange Zeit galt, dass das ungeborene Kind sowie die Gebärmutter, in der es heranwächst, einschließlich der Plazenta und des Fruchtwassers bei einer gesunden Schwangerschaft steril sind.

Seit 2010 berichteten jedoch mehrere Forschungsteams, Bakterien in Proben der Plazenta und des Fruchtwassers gefunden zu haben und schlossen daraus auf das Vorhandensein eines fötalen Mikrobioms, was bedeuten würde, dass die gängigen Vorstellungen über die Entwicklung des Immunsystems beim Ungeborenen völlig neu bewertet werden müssten.

Dieser These widerspricht ein Konsortium von 46 führenden Experten aus Reproduktionsbiologie, Mikrobiom-Wissenschaft und Immunologie nun vehement. Die Forscher unter Leitung von Jens Walter vom University College Cork kamen einstimmig zu dem Schluss, dass der Nachweis von Mikrobiomen im Gewebe ungeborener Babys auf Verunreinigungen von Proben zurückzuführen ist.

Wie Walter in einem Namensbeitrag ergänzt, würde ein fötales Mikrobiom den Kenntnissen der menschlichen Biologie widersprechen: „Wir wissen zum Beispiel, dass die Plazenta voller anatomischer und immunologischer Barrieren ist, die verhindern, dass Mikroben in sie eindringen und sie besiedeln.“

Tatsächlich können nur sehr wenige Mikroben die Plazenta durchdringen und dann zu einer Infektion des Fötus führen, etwa Röteln- und Windpockenviren sowie Listerien. (dpa)

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