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Der Erbonkel

© Lisa Rock für den Tagesspiegel

Veranlagt zum Aprilscherz: Wie sich Schadenfreude künstlich verstärken lässt

Der 1. April ist der Feiertag der Schadenfreude, der humorigen und mitunter verpönten Seite des Mitgefühls. In bestimmten Momenten tritt sie besonders zutage.

Eine Kolumne von Sascha Karberg

Der Senf im Donut, der nasse Schwamm auf dem Stuhl, das Juckpulver im Nacken – am (harmlosen) Schaden von Mitmenschen Freude zu haben, ist eine urmenschliche Eigenschaft. Denn jemanden „in den April zu schicken“, als institutionalisierte Form der Schadenfreude erstmals dokumentiert in Bayern im Jahr 1618, erfordert vorausschauendes Denken und Empathie – witzlos wären die Streiche ohne die Vorfreude auf die Reaktion des Angeschmierten.

Psychologen zufolge ist Schadenfreude eine „soziale Emotion“ und Symptom des menschlichen Hangs, sich mit anderen in der Familie oder Gruppe zu vergleichen. Es war (und ist es mitunter noch) überlebenswichtig, einschätzen zu können, was der womöglich stärkere, höherrangige Artgenosse gerade denkt und fühlt und wie er reagieren könnte – ob nun auf einen (April-)Scherz, das Stibitzen einer Leckerei oder gar das Untergraben von Autorität.

Die Fähigkeit zum Mitgefühl, und damit auch zur Schadenfreude, gehört daher zur Grundausstattung des Menschen, gesteuert von Genen und Hormonen, wie dem „Kuschelhormon“ Oxytocin, vor allem bekannt für seinen soziale Beziehungen verstärkenden Effekt, etwa zwischen Mutter und Kind und frisch Verliebten.

Da verwundert es eigentlich nicht, dass sich Schadenfreude künstlich verstärken lässt: Wer vor einem Spiel eine Oxytocin-Dosis verabreicht bekam, empfand deutlich mehr Schadenfreude, wenn der Mitspieler verlor, als Spieler, die nur das Placebo bekommen hatten. Das fanden israelische Psychologen in einer doppelt verblindeten Studie an insgesamt 65 Probanden heraus.

Das passt zu der Beobachtung, dass Eltern in der Phase nach der Geburt, dem vor Oxytocin triefenden, etwa achtwöchigen Puerperium, ein besonders ausgeprägtes empathisches Verhalten und damit einhergehend auch einen deutlichen Hang zur Schadenfreude zeigen, wie ein Team um die Neurowissenschaftlerin Sandra Baez im Fachblatt „Scientific Reports“ schreibt.

Es könnte sich also lohnen, sich am 1. April vor allem vor jenen Mitmenschen in Acht zu nehmen, die im Rest des Jahres als besonders einfühlsam, sozial, freundlich oder gar liebevoll aufgefallen sind. Das Oxytocin könnte mit ihnen durchgehen.

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