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Michael Cohen sagt im Schweigegeldprozess gegen Donald Trump aus.

© Getty Images via AFP/Michael M. Santiago

Einst skrupelloser Ausputzer, heute wichtigster Zeuge: Wie gefährlich wird Michael Cohen für Trump im Schweigegeldprozess?

Er war Trumps Anwalt und Handlanger, nun belastet er den Ex-Präsidenten schwer: Michael Cohen wird an diesem Dienstag ins Kreuzverhör genommen. Zwei Experten erklären, worauf es ankommt.

Würden Sie von diesem Mann einen Gebrauchtwagen kaufen? Die Frage klingt absurd im Zusammenhang mit einem Prozess, dessen Verlauf von vielen Millionen Menschen verfolgt wird. In seinem Zentrum steht Donald Trump, der amerikanische Ex-Präsident, der sich im November erneut wählen lassen will.

Doch ob ihm das gelingt, hängt womöglich auch von der Antwort auf die oben gestellte Frage ab. Denn dieser Mann – das ist Michael Cohen, Trumps ehemaliger persönlicher Anwalt. Sein skrupelloser Ausputzer, dem einst jedes Mittel recht war, um seinen Mandanten zu schützen. Cohen soll an diesem Dienstag ins Kreuzverhör genommen werden. Es könnte der entscheidende Tag im Prozess werden.

„Trump zeigt Anzeichen von psychischer Zerrüttung“

„Der Prozess könnte für Trump tödlich sein“, sagt Jacob Heilbrunn, Chefredakteur des Debattenmagazins „The National Interest“. Das Verfahren habe die Aufmerksamkeit erneut auf Trumps skrupellose Geschäftsmethoden und sein unappetitliches Privatleben gelenkt. Michael Cohen bewahrte im Prozess Gelassenheit, während Trump Anzeichen von psychischer Zerrüttung zeigt. „Es ist durchaus wahrscheinlich, dass Trump in den meisten oder allen Anklagepunkten verurteilt wird.“  

Zehn Jahre lang hatte Cohen für Trump gearbeitet, bevor er nach dessen Wahlsieg im Jahr 2016 radikal mit ihm brach. Cohen war offenbar wütend darüber, von Trump nicht ins Weiße Haus geholt worden zu sein, heißt es. Nun soll er auf eine minder schwere Strafe für seine eigenen Vergehen gehofft haben, heißt es.

Cohen als wichtiger Zeuge im Prozess gegen Trump

Im Jahr 2018 jedenfalls wurde Cohen wegen Steuer- und Finanzdelikten sowie Falschaussagen zu drei Jahren Haft verurteilt. Ein überführter Lügner also, der sich von seinem Ex-Boss im Streit getrennt hatte. Was ist das Wort eines solchen Mannes wert? Wie glaubwürdig ist er, wenn er in diesen Tagen in New York vor Gericht aussagt?

130.000
Dollar betrug die Schweigegeldzahlung an die Ex-Pornodarstellerin Stormy Daniels, die behauptet, eine sexuelle Beziehung mit Trump gehabt zu haben. 

Cohen ist einer der wichtigsten Zeugen im Schweigegeldprozess gegen Trump. Am Montag schilderte er detailliert, auf welche Weise er im Auftrag seines Mandanten diesen vor unliebsamen Medienberichten bewahrte. Unter anderem durch eine Schweigegeldzahlung in Höhe von 130.000 US-Dollar an die Ex-Pornodarstellerin Stormy Daniels, die behauptet, eine sexuelle Beziehung mit Trump gehabt zu haben. „Kümmere dich darum“, soll Trump Cohen aufgetragen haben. „Das muss gestoppt werden.“

Doch die Staatsanwaltschaft wirft Trump nicht die Schweigegeldzahlung als solche vor. Die nämlich ist nicht illegal. Im Zentrum des Verfahrens steht vielmehr die Frage, ob der frühere Präsident bei der Erstattung des Geldes an Cohen den wahren Grund für die Zahlung verschwiegen hatte. Deklariert wurde sie als Anwaltskosten. Der Verdacht steht im Raum, dass es sich stattdessen um eine illegale Wahlkampffinanzierung gehandelt hatte.

Strategie der Verteidigung steht auf zwei Säulen

Die Strategie der Verteidiger steht demnach auf zwei Säulen. Erstens muss es ihnen gelingen, Cohens Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen. Wenn nur einer der zwölf Geschworenen überzeugt wird, dass der 57-jährige Ex-Anwalt mehr vom Hass auf Trump motiviert ist als von der Wahrheitsliebe, könnte das für eine Verurteilung notwendige einstimmige Votum verhindert werden.

Der aktuelle Prozess scheint Trump nicht zu schaden. In fünf von sechs wahlentscheidenden Swing-States liegt er in Führung.

Andrew Denison, Politikwissenschaftler und Demokrat.

Zweitens muss der Verdacht entkräftet werden, es sei bei der Schweigegeldzahlung in erster Linie um Trumps Chancen im Wahlkampf gegangen. Die Anwälte des Ex-Präsidenten argumentieren, dieser habe lediglich Schaden von seiner Familie abwenden wollen. Insbesondere Ehefrau Melania habe geschützt werden sollen. Sollte das verfangen, wäre die Deklarierung als Anwaltskosten kaum zu beanstanden.

Bei seiner Aussage am Montag hatte Cohen diese Variante energisch bestritten. „Alles drehte sich um den Wahlkampf“, sagte er, Trump habe nicht an Melania gedacht. In diesem Moment soll Trump im Gerichtssaal demonstrativ seinen Kopf geschüttelt haben. Wie gefährlich kann Trump der Prozess werden? Andrew Denison, Politikwissenschaftler und Demokrat, sagt: Eine Verurteilung könne die Wahlchancen des Republikaners schmälern.

In Meinungsumfragen haben im vergangenen Jahr bis zu einem Fünftel der Trump-Anhänger angegeben, dass sie ernsthafte Probleme hätten, für Trump zu stimmen, wenn er wegen einer Straftat verurteilt würde. Bei Wechselwählern sei die Zahl sogar noch höher. „Dennoch scheint Trump der aktuelle Prozess nicht zu schaden“, meint Denison. „In fünf von sechs wahlentscheidenden Swing-States liegt er in Führung.“

Würde Trump freigesprochen oder würden die Geschworenen sich nicht einigen können, wäre der Republikaner seinem Ziel, der Wiedereroberung des Weißen Hauses, ein gutes Stück nähergekommen.

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