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Beigeordnete für Ordnung und Sicherheit, Potsdam

© Andreas Klaer / Andreas Klaer

Arbeitsplatz statt Duldung : Potsdamer Projekt „Spurwechsel“ für Geflüchtete startet im Sommer

Potsdam ist die erste Modell-Kommune in Brandenburg, die es geduldeten Geflüchteten ermöglichen will, durch ein Arbeitsverhältnis einen sicheren Aufenthaltsstatus zu erlangen.

Bis zu 300 geduldete Geflüchtete in Potsdam sollen die Möglichkeit bekommen, ihre Duldung in einen Aufenthaltstitel zu verwandeln, indem sie arbeiten gehen – so lautet die Idee des Modellprojektes „Spurwechsel“, das Potsdam als erste Kommune in Brandenburg umsetzen will.

„Es ist sozialpolitisch nicht hinnehmbar, wenn Menschen mit unklarer Lebensperspektive zum Nichtstun verdammt sind“, sagte Michael Ranft, Staatssekretär im brandenburgischen Sozialministerium, am Mittwoch bei der Vorstellung des Projektes. „Gleichzeitig geht es auch darum, den Fachkräftebedarf zu sichern; wir haben einen deutlichen Rückgang von Personen im erwerbsfähigen Alter in fast allen Bereichen.“

Zudem sollen die Sozialausgaben sinken: Aktuell liegen die Kosten für die Unterbringung und die Sozialleistungen für einen geduldeten Geflüchteten in der Landeshauptstadt bei 1050 Euro im Monat, rechnete Potsdams Sozialbeigeordnete Brigitte Meier (SPD) vor. Somit gibt es drei positive Effekte: Geflüchtete erhalten Arbeit und Aufenthaltserlaubnis, die Wirtschaft bekommt Arbeitskräfte und die Kommunen werden entlastet.

300 geduldete Geflüchtete können teilnehmen

In Potsdam leben aktuell 685 geduldete Geflüchtete, 300 von ihnen hätten laut Stadt die Voraussetzungen für das Modellprojekt, da sie bereits seit vielen Jahren hier leben. Bedingung sind jedoch Sprachkenntnisse: Je nachdem, wie gut oder schlecht diese sind, müssen die Teilnehmenden zunächst Deutschkurse besuchen. Sobald diese absolviert sind und ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, haben die Geflüchteten einen sicheren Aufenthaltstitel erlangt, der auch nicht durch Arbeitslosigkeit oder Jobwechsel wieder aberkannt werden könne, versicherte Meier.

Gesetzlich haben die Ausländerbehörden einen Ermessensspielraum, ob sie Aufenthaltstitel an geduldete Flüchtlinge erteilen, wenn diese sich integriert haben. „Unsere Behörde ist bereit dazu“, sagte Meier.

Auch die Agentur für Arbeit und die kommunalen Unternehmen hätten ihr Bereitschaft signalisiert, geduldete Geflüchtete in Arbeit zu bringen. „Wir wissen von unseren kommunalen Töchtern wie den Stadtwerken oder dem Bergmann-Klinikum, welche Bedarfe sie im Niedriglohnsektor haben“, so Meier.

„Wir unterstützen das Modellprojekt“, sagte Peter Koske, Geschäftsführer der Servicegesellschaft Ernst von Bergmann. „Mitarbeiter für Helferberufe werden ebenso dringend gesucht wie Handwerker, Techniker oder Ingenieure.“ In den kommenden fünf Jahren werden 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Servicegesellschaft in Rente gehen, rund ein Viertel der Belegschaft.

Starten soll das Modellprojekt entweder in oder nach der Sommerpause und bis Ende 2024 laufen. Noch ist die Finanzierung nicht geklärt: Allein die Sprachkurse für 300 Personen liegen schätzungsweise bei einer Million Euro. Diese sollen zunächst vom Land übernommen werden, Michael Ranft rechnet jedoch mit einer Förderung oder Übernahme durch den Bund: „Ich bin mir sicher, dass der Bund die Sprachförderung ausweiten wird.“

Der Staatssekretär ist mit weiteren Kommunen im Gespräch, die den „Spurwechsel“ ebenfalls übernehmen wollen. „Ich hoffe, dass es am Ende drei bis vier werden“, so Ranft.

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