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Ernst Ruden wurde 84 Jahre alt.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Nachruf auf Bauer Ernst Ruden: Er war Potsdams bekanntester Landwirt

Er gehörte zu Fahrland wie kaum ein anderer. Seine Familie sagt: „Vater war genaugenommen das Fahrländer Grundbuchamt.“ Jetzt ist er mit 84 Jahren gestorben.

Am Donnerstag um zehn Uhr läuteten die Kirchenglocken von Fahrland für den Bauern Ernst Ruden, der hier beerdigt wurde. 84 Jahre alt ist er geworden. Fahrländer war er seit seinem ersten Lebensjahr, nachdem die Wehrmacht alle Zivilisten aus seinem Geburtsort Klausdorf bei Zossen aussiedeln ließ.

Die Bauernfamilie entschied sich für Fahrland – auf dem Land und doch in der Nähe einer Stadt, deren Bewohner Abnehmer von Obst und Gemüse sein könnten.

Wissen weiterzugeben war seine besondere Stärke

Nach dem Krieg, als Ernst acht Jahre alt war, passierte etwas, das sein ganzes Leben prägen sollte. Er wurde von einem Militär-Lkw überfahren. Fast ein Jahr verbrachte er im Krankenhaus, mehrmals wurde sein gebrochenes Bein operiert und blieb doch steif. Auch nach Jahrzehnten waren immer mal wieder Krankenhausaufenthalte deswegen notwendig. Doch Ernst Ruden hat sich Zeit seines Lebens nie beschwert, nie geklagt und so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf diese Einschränkung gelenkt.

Ernst Ruden wurde 84 Jahre alt.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Klar war aber auch: Schwere körperliche Arbeit in der Landwirtschaft würde er nie leisten können. Entmutigt hat ihn das nie. Er habe eben mehr seinen Kopf eingesetzt, erzählt Sohn Ernst, habe viel gelesen, sich reingedacht in komplizierte Dinge, Wissen angeeignet und dieses Wissen auch mit Freude weitergegeben. Das sei seine besondere Stärke gewesen.

1949 hatte der Vater auf Bodenreformland eine Neubauernstelle errichtet. Auf dem Hof hat Ernst trotz der Behinderung mitgearbeitet, ist viele Jahre mit dem Pferdewagen auf den Markt nach Potsdam gefahren, um Obst und Gemüse zu verkaufen.

Familie, Urlaub – das war immer an zweiter Stelle

Obst und Gemüse sollten später noch einmal wichtig werden – nämlich als der gelernte Gärtner sich als LPG-Mitglied auf den Handel damit spezialisierte und dabei auch seine künftige Ehefrau kennenlernte. Ilse war verantwortlich für die gesamte Obst- und Gemüseversorgung in Potsdam. „Wir sind uns deshalb immer wieder begegnet. So hat sich die Liebe entwickelt – eigentlich ganz unspektakulär“, erinnert sich die Witwe.

Die LPG war ihm wichtiger als ein Familienausflug.

Ernst Ruden, Sohn des Verstorbenen

Geheiratet haben die beiden 1968 im Drachenhaus. Tochter Sabine war damals schon auf der Welt, Sohn Ernst folgte 1970. Die Kinder haben den Vater als einen Mann kennengelernt, dem die Arbeit über alles ging. Sohn Ernst erinnert sich: „Wenn sonntags irgendwelche Körbe auf dem Satzkorner Bahnhof ankamen, dann sind wir mit Vatern dorthin und haben die Körbe ausgeladen, den ganzen Sonntag lang, weil ihm die LPG wichtiger war als ein Familienausflug.“

Bauer Ernst Ruden ging die Arbeit über alles.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Etwas schaffen, für etwas verantwortlich sein, das sei sein Leben gewesen. Familie, Urlaub – das war immer an zweiter Stelle. Zurückgesetzt gefühlt haben sich deswegen jedoch weder Sabine noch Ernst. „Wenn wir ihn wirklich gebraucht haben, konnten wir uns auf ihn verlassen“, erzählt die Tochter. So habe er alles in Bewegung gesetzt, als es darum ging, eine Lehrstelle als Pferdewirtin für sie zu bekommen.

Bauer Ruden war nie laut, eher ein Diplomat

Hartnäckig war er, wenn er etwas erreichen wollte. Dabei nie laut oder unbeherrscht, eher ein Diplomat. Den Hof seines Vaters hatte Ernst Ruden wegen der Kollektivierung nie übernehmen können. Doch nach der Wende sah er eine Chance, das väterliche Erbe doch noch anzutreten. Die Rudens gehörten zu den ersten Wiedereinrichtern, kauften das frühere Eigentum zurück. Weil es für Junglandwirte zahlreiche Fördermöglichkeiten gab, übernahm schließlich Sohn Ernst das Zepter. Mit sechs Hektar ging es los.

Vater war es wichtig, dass der Betrieb gut läuft, auch wenn er sich nicht mehr einmischt.

Sohn Ernst Ruden

Die Feldarbeit überließ der Vater dem Sohn. Er kümmerte sich um Pachtverträge, Landkäufe, setzte seine Kontakte, sein Wissen und sein Organisationstalent ein, um den Bauernhof voranzubringen. So ergänzten sich die beiden gut.

Bauer Ernst Ruden, hier mit SPD-Politiker Matthias Platzeck (r.), war bekannt für seine guten Kontakte.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Dazu war er ein Kümmerer. Egal, wer aus dem Dorf etwas wissen wollte, Ernst Ruden hatte garantiert eine Antwort. „Vater war genaugenommen das Fahrländer Grundbuchamt. Selbst wenn es nur um zehn Quadratmeter ging – er wusste, wem die gehören“, heißt es in der Familie.

Sehr bald nach der Wende engagierte sich Ruden im Bauernverband. Er war der Überzeugung, je mehr Leute an einem Strang ziehen, umso größer ist die Chance eines positiven Ergebnisses. Für unzählige Landwirte aus der ganzen Welt war er ein gefragter Gesprächspartner, hat ihnen erklärt, wie es möglich war, aus ehemaligem Bodenreformland nach Jahrzehnten der Kollektivierung wieder bäuerliches Eigentum zu machen – und einen erfolgreichen Betrieb zu führen.

„Vater war es wichtig, dass der Betrieb gut läuft, auch wenn er sich nicht mehr einmischt. Er hat sich Stück für Stück zurückgezogen, um zu schauen, ob wir alleine klarkommen“, erzählt der Sohn.

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