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Kultur: „Eine ausgesprochen volkstümliche Zeitung“

Heute vor 60 Jahren erschien zum ersten Mal die „Tagespost“

Am 11. Juli 1946 erschien in Potsdam die erste Ausgabe der parteipolitisch ungebundenen Zeitung „Tagespost“ – Nachrichten aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport. Mit einem Aufruf auf der ersten Seite versprach die Redaktion Freund und Helfer ihrer Leser zu sein, für „alle die guten Willens sind, mit uns die Wurzeln jener Irrlehre auszurotten, die so unendliches Elend über die ganze Menschheit gebracht haben. Es gilt, die verschütteten Quellen unserer Kultur wieder zu befruchtendem Fließen zu bringen.“

Die „Tagespost“ erschien täglich außer montags und kostete 15 Reichspfennig. In den folgenden Jahren übermittelte sie ihren Lesern – bei zunehmendem Umfang – in großer Vielfalt das Neueste aus aller Welt und die vielen kleinen Schritte beim heimatlichen Wiederaufbau.Bereits in den ersten Wochen gab es trotz anfänglichem Umfang von vier Seiten neben politischen Informationen, u.a. über die Entwicklung von China, auch lokale Berichte. So aus dem Stadtparlament oder über die Spielgemeinschaft der Schüler der Althoff- und der Beethoven-Schule Babelsberg, die im Juli 1946 Shakespeares „Was ihr wollt“ aufführte, literarische Beiträge von Hans Zappe und ständig Leserbriefe.

Die anerkannt hohe Qualität sicherte die Redaktion unter Leitung von Chefredakteur und Herausgeber Dr. Franz Steiner, langjähriger Chefredakteur des „Königsberger Tageblattes“ und Verlagsleiter der „Hartungschen Zeitung“ in Königsberg, dem heutigen Kaliningrad. In der NS–Zeit hatte Steiner Arbeitsverbot in Presse, Film, Funk, Wissenschaft und Werbung. 1945/46 arbeitete er als Pressereferent in der Provinzialverwaltung in Potsdam.

Steiner hatte ein Team erfahrener Redakteure gewonnen, unter ihnen Hans Hupfeld, der den Brandenburgern bereits aus der „Potsdamer Tageszeitung“ bekannt war, und Peter Nell (eigentlich Kurt Heinze). Willy Linke war für den Verlag zuständig, für die Geschäftsleitung Rudolf Lamla. Bereits im ersten Heft sucht die Redaktion Berichterstatter, „damit sich das Bild unserer Heimat möglichst farbenreich und lebenswahr in der Tagespost widerspiegelt“.

Ein Leseanreiz waren zahlreiche Zeichnungen, oft von dem Potsdamer Künstler Ernst H. Grunwald, der auch als Buchillustrator wirkte. Anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde an Karl Foerster porträtierte ihn Grundwald für die „Tagespost“. (Nr. 144/1950).

Neben Porträts finden sich von Grunwald u.a. Zeichnungen von Reparaturarbeiten an der Kuppel des Observatoriums oder vom Berliner Tor in Mittenwalde. Ein Beispiel für humorvolle Eigenwerbung des Verlages ist das Bild von Geschwistern mit dem Text „ und dass du jetzt meine Schwester bist, verdankst du “ner kleinen Anzeige in der Tagespost! Sonst hätte deine Mutter meinen Vater nicht kennen gelernt.“

Peter Nell, Kulturredakteur der „Tagespost“ verursachte im Januar 1950 mit seiner Rezension des Romans „Wesenholz“ von Werner Wilk, damals Chefredakteur des Potsdamer Verlages Rütten & Löning (zu dessen Beratern Hermann Kasack, damals Stadtverordneter, gehörte), eine lebhafte, kontroverse Diskussion im Kulturbund, in der Presse und in der Öffentlichkeit.

1951 musste die „Tagespost“ im Zuge der „Zentralisierung des Pressewesens“ ihr Erscheinen einstellen. „Die interessierte Mitarbeit ihres immer größer werdenden Leserkreises und das Echo, das sie in der breitesten Öffentlichkeit fand, zeugen von dem Erfolg ihrer Arbeit“, schrieben Redaktion und Verlag im Abschiedsgruß in der Ausgabe vom 31.03.1951.

Auch eine andere Zeitung, die „Neue Zeit“, schrieb am 8. April 1951 einen anerkennenden „Nachruf“: „Die ,Tagespost“ war vom ersten bis zum letzten Tage eine ausgesprochen volkstümliche Zeitung Steiner (hat) das Schiff der ,Tagespost“ mit der souveränen und humorvollen Sicherheit des großen Könners durch alle Stürme gesteuert.“ Wolfgang Tripmacker

Wolfgang Tripmacker

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